NACH DER HANFPARADE : Hans Söllner fehlt
Die Frau mit der Motz und der Verkäufer der Obdachlosenzeitung Querkopf wechseln sich ab. Manchmal ist auch einer mit Rollstuhl da, der manchmal ziemlich dicht ist und zuweilen im Vorraum mit den Geldautomaten schläft. Vielleicht ist er auch Junkie; die meisten Junkies trinken ja auch.
Diesmal steht der Mann mit dem Querkopf vor der Post. Er hat ein rundes Gesicht und sieht proper, gesund und ein bisschen alternativ aus. Weil er manchmal auch Kiffercomics verteilt, frage ich ihn, ob er auch auf der Hanfparade gewesen sei. Klar. – Ihr seid ja tapfer gewesen, in diesem Gewitter zu demonstrieren. Wie war’s? – Prima! Nur die Musik habe ihm nicht gefallen. „Immer dieser Techno.“ Er hasst diese „synthetische“ Musik. – Sollen die stattdessen Reggae spielen? – Nein; Hans Söllner! Warum laden die nicht Hans Söllner ein? Da würden doch allein schon mal 100.000 kommen, um Hans Söllner zu sehn.
Ich verstehe auch nicht, weshalb sich die Hanfaktivisten nie um Hans Söllner bemüht haben, schließlich setzt er sich schon seit den 80ern für die Legalisierung von Cannabis ein und ist bekannt wie ein bunter Hund. Ich erzähle, dass ich dieses Jahr leider nur kurz auf der Hanfparade gewesen war. Bzw. bei der Bühne vor dem Brandenburger Tor. Ich hatte eine Frau gefragt, wo die Demo wäre, aber die wusste das leider auch nicht, und so war ich dann traurig wieder nach Hause gefahren und hatte die Hanfparade im Internet geguckt. Und mir dabei Notizen gemacht: Die junge Neuköllner Piratenpolitikerin ruft dazu auf, selbst anzubauen. Wenn ich es richtig verstehe, spricht sie auch von „Genusspatienten“, (sehr gut!!). Ein Epileptiker aus Sachsen erzählt, bis vor Kurzem sei Sachsen ein weißer Fleck auf der Landkarte der Legalisierung gewesen, nun sei das Bundesland fester Bestandteil der Legalisierungsszene. Er sagt: „Das könnt ihr auch!“
DETLEF KUHLBRODT