: Parteienauslese für die Wahl
BÜRGERSCHAFTSWAHLEN Noch sind es 22, die zur Wahl am 22. Mai antreten wollen. Heute wird sich die Zahl reduzieren: Der Landeswahlausschuss prüft die formalen Voraussetzungen
Sahin Salbars, „Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit“ (BIG)
VON KLAUS WOLSCHNER
Für die Bürgerschaftswahlen ist der heutige Freitag ein wichtiger Tag: Der Landeswahlausschuss berät und wird entscheiden, ob die 16 Gruppierungen, die sich neben den „etablierten“ Parteien zur Wahl angemeldet haben, auch zugelassen werden können. Danach beginnt dann der Countdown: Bis zum 29. März müssen die zugelassenen Gruppierungen ihre Kandidatenliste einreichen und Unterschriften – 401 gültige Unterschriften für Bremen und 86 für Bremerhaven.
Die klassischen, in der Bürgerschaft vertretenen Parteien müssen sich dieser Prozedur nicht unterziehen – dazu rechnet der Landeswahlleiter auch die „Bürger in Wut“ (BIW), die mit Jan Timke jetzt schon in der Bürgerschaft sind. Siegfried Tittmann, der für die rechtsextreme DVU gewählt wurde, aber seine Partei verlassen hat, will als „Protest der Bürger“ (PDB) neu kandidieren und muss dafür Unterschriften sammeln. Die DVU will gemeinsam mit der NPD als „NPD – Die Volksunion“ kandieren. NPD und DVU haben sich aber beide getrennt angemeldet. Am rechten Rand gibt es noch mehr Konkurrenz: „Bremen muß leben – Die Konservativen“ heißt die Gruppierung um Joachim Siegerist, die erneut antreten will.
Auch auf die von CDU und FDP enttäuschten WählerInnen spekulieren mehrere Listen. Neben der „Bremer und Bremerhavener Wählergemeinschaft – B+B“, die von ehemaligen Staatsräten dominiert wird, haben sich die „Freien Wähler“, die in anderen Bundesländern erfolgreich waren, gleich in zwei Formationen angemeldet. Dem ging eine Spaltung voraus. Mit den bayerischen Freien Wählern will die „Bremer und Bremerhavener Bürgerliste“ um den im Dezember aus der FDP ausgeschiedenen Bürgerschaftsabgeordneten Uwe Woltemath zusammenarbeiten. Details, so Woltemath, könne er erst in der kommenden Woche sagen, wenn die erste Hürde an diesem Freitag genommen ist.
Neu ist bei diesen Wahlen der Auftritt von migrantischen Gruppierungen. Shahin Salbars (42), der einen Handy-Laden betreibt, hat in Bremen einen Landesverband des bundesweiten „Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit“, kurz: BIG, gegründet. In NRW und in Hamburg kam diese BIG nicht über ein Prozent und erhielt keine Wahlkampfkostenerstattung, auch in Baden-Württemberg tritt die BIG an diesem Sonntag an. Auf der Internet-Seite der Bremer BIG sind viele programmatische Aussagen aus den anderen Bundesländern zu finden, die Seite „Termine“ aber ist leer. Die BIG will eine „pragmatische“ Partei sein, keine ideologische, sagt Salbars, Politiker seien „Dienstleister“. Die BIG wolle „keine Parallelgesellschaft fördern“, sagt Salbars auf die Frage nach der „bremischen Integrationspartei“. Er will über Bildungspolitik und Wirtschaftspolitik dabei helfen, dass Menschen, die seit Jahrzehnten hier leben, auch ihre Chancen haben.
Mit der „Bremischen Integrationspartei“ (BIP) um den Tankstellen-Pächter Levent Albayrak (38), die sich zunächst im Herbst als „Bremer Türk-Partei“ vorgestellt hatte, wird es kein Zusammengehen geben. „Die BIP ist eine junge Partei, die sich Integrationspolitik zum Ziel gemacht hat“, heißt es ganz allgemein in deren Grundsätzen. Was sie genauer für Ziele vertritt im Unterschied zu anderen, die sich dasselbe auf ihre Fahnen geschrieben haben, verrät die Internetseite nicht. Der Vorsitzende Albayrak war zu einer Diskussion eingeladen mit anderen Kandidaten mit Migrationshintergrund – und setzte sich demonstrativ nicht aufs Podium zu den anderen, sondern ins Publikum.
Der Landeswahlausschuss muss nun entscheiden, welche der „eingereichten Beteiligungsanzeigen“ zugelassen werden. Wichtig ist zum Beispiel, das drei Mitglieder eines Bremer Landesvorstandes die Anmeldung unterschrieben haben. Das könnte für die „Freien Wähler“ aus Bayern ein Problem werden, das sie zwingt, die Woltemath-Bürgerliste zu unterstützen.
Das größte formale Problem machen NPD und DVU: Da das Landgericht München wie die Bundesregierung die Fusion nicht als rechtskräftig anerkannt haben, kann der Landeswahlausschuss nur die beiden getrennten Anmeldungen zulassen – eine spätere Fusion ist dann nicht möglich.