Thomas Hengelbrock, Dirigent : Der Rastlose
■ 52, hat an Pariser, Madrider und Londoner Opern dirigiert, mit internationalen Orchestern konzertiert. Foto: dpa
Das mit der Sesshaftigkeit könnte schwierig werden. Die ist er nicht gewohnt, die hat er nie gewollt, und die hätte auch nicht zu seiner Karriere gepasst: Höchstens fünf Jahre lang ist der Violinist und Dirigent Thomas Hengelbrock bislang an einem Ort geblieben. Dann ist er weitergezogen, hat ein Orchester, ein Festival, einen Chor gegründet, ein Konzert- oder Opern-Dirigat übernommen, irgendwo in der Welt.
So richtig wird sich das auch in Hamburg nicht ändern: Für zunächst drei Jahre wird Hengelbrock ab September Chefdirigent des NDR-Sinfonieorchesters. Immerhin: Etliche Monate wird er schon in der Stadt weilen, da bleibt für Reisen nicht viel Zeit. „Ich werde die Opern-Dirigate stark reduzieren“, sagt Hengelbrock. Seinen 1991 gegründeten Balthasar-Neumann-Chor werde er aber weiter führen. Der ist – neben dem Freiburger Barockorchester – die Visitenkarte Hengelbrocks, der als Spezialist historischer Aufführungspraxis gilt. Was nicht heißt, dass das NDR-Orchester zu seinem Antritt alle Instrumente tauschen muss: Der Neue ist kein Ideologe.
Natürlich versuche er einen möglichst authentischen Klang zu eruieren, sagt Hengelbrock. Das müsse aber gemeinsam mit den Musikern geschehen. Kein autoritärer Herrscher will er sein, sondern Kollege, der die anderen mitreißt.
Das kann subtil geschehen, indem er etwa die Kooperation mit Sängern forciert, um die NDR-Sinfoniker zu einem sanglicheren Klang zu bewegen. Das wird aber auch durch Vielfalt geschehen: Längst arbeitet Hengelbrock mit lebenden Komponisten zusammen. Etwa mit Simon Wills, dessen Oper „The Stolen Smells“ kommendes Jahr in Hamburg erklingen wird. Auch plant er, künftig persönlich in Konzerte einzuführen, wird im Juni noch schnell „Tannhäuser“ in Bayreuth aufführen: Hengelbrock, das ist kreative Unruhe in Permanenz.
Es hakt freilich, was die Elbphilharmonie angeht, deren Residenzorchester seine Sinfoniker werden sollen: Das Vorzeige-Konzerthaus hätte er eigentlich mit eröffnen sollen, in diesem Herbst – fertig wird es nun erst 2013. Hengelbrock sieht’s gelassen. Sein Metier ist die Musik. PS