„Lobbyismus – von jedem“

DIGITALE GESELLSCHAFT Open Government wäre eine Chance für Staat und Bürger, sagt Anke Domscheit

■ 43, bekannt als Microsoft-Managerin, arbeitet heute als selbständige Unternehmerin für Open Government und schult Frauen für Führungspositionen

Frau Domscheit, Sie engagieren sich für mehr Transparenz staatlichen Handelns – müssen die Staatsbürger nicht auch mehr Mitspracherechte haben?

Anke Domscheit-Berg: Unter dem Stichwort Open Government reden wir über drei Bestandteile: Es geht um Transparenz, also offene Verwaltungsdaten, um Partizipation und um Kollaboration. Ich kann nur dann vernünftig partizipieren, wenn ich Informationen habe.

Manchmal engagieren sich Staatsbürger für fern liegende Themen mehr als fürs Kommunale. Auf welche Politik-Ebene bezieht sich „Government 2.0“?

Auf jede Ebene, in der Government stattfindet.

Die politische Kaste klagt über Demokratiemüdigkeit…

Von Politikmüdigkeit kann keine Rede sein. Das sehen wir jeden Tag in den Nachrichten. Es ist offensichtlich der Wille der Bürgerinnen und Bürger, sich mehr einzubringen. Wenn die Politiker das nicht verstehen, wird der Verständnisgraben nur größer.

Politiker schotten sich mit repräsentativer Demokratie gegen Lobby-Gruppen ab.

Zwischen den Wahlen haben wir einen massiven Lobbyismus von denen, die Geld haben. Dieser Lobbyismus ist wirksam, aber total intransparent. Mit Open Government wollen wir Lobbyismus, gerne, aber von jedem – egal ob er klein oder groß ist, und das bitte transparent. Die Transparenz, die die Politik nicht selbst schafft, erkämpft der Bürger derzeit von unten. Da passiert Wickileaks oder eine Doktorarbeit wird auseinander genommen, da darf der Staat nicht sagen: Das finden wir aber blöd, wir sind doch gewählt.

INTERVIEW: KAWE

Demokratie im digitalen Zeitalter – was verändert sich, was wollen wir verändern? Vortrag: 18 Uhr, Altes Fundamt, Auf der Kuhlen 1