: Aspirin zum Aldi-Preis
Der Verzicht auf eine teure Einrichtung sowie auf die Apotheken-Umschau macht‘s möglich: NRW hat seine erste Billig-Apotheke – zehn bis 15 weitere sollen in den nächsten Monaten folgen
VON KATHARINA HEIMEIER
In Nordrhein-Westfalen hat die erste Apotheke nach dem Aldi-Prinzip eröffnet: Seit vergangenen Freitag können Patienten in der easy-Apotheke in Essen rezeptfreie Medikamente zu Discount-Preisen kaufen. Nach Unternehmensangaben können sie dabei bis zu 50 Prozent sparen.
Bei einer Billig-Apotheke wird es wohl nicht bleiben: Zehn bis 15 weitere easy-Apotheken sollen im nächsten halben Jahr in NRW entstehen, kündigt Oliver Blume, Geschäftsführer der easy-Apotheke Kooperationsgesellschaft an. Auch der holländische Medikamenten-Versandhändler DocMorris plant nach Zeitungsberichten, Mitte März eine Filiale in NRW zu eröffnen.
Bislang verhindert das so genannte Fremdbesitzverbot die Kettenbildung: Ein Apotheker darf maximal vier Filialen betreiben. Das umgehen die neuen Anbieter inzwischen mit dem Prinzip der Markenkooperation. Die easy-Gesellschaft beispielsweise stellt Pharmazeuten ihren Markennamen samt Philosophie zur Verfügung – als Eigentümer der Filialen tritt sie jedoch nicht auf. Die Apotheker bleiben rechtlich eigenständig.
Zum Konzept gehören neben den günstigen Preisen grüne T-Shirts für die Mitarbeiter und Einkaufskörbe für die Kunden. „Der Kunde bewegt sich wie im Drogeriemarkt“, sagt Blume. Der Spareffekt ergebe sich durch die Ausstattung – „kein brasilianisches Edelholz“, sondern eine schlichte Einrichtung, so der Geschäftsführer. Auch auf Einkaufsgeschenke und die Apotheken-Umschau müssen die easy-Kunden verzichten. Dadurch könne man die Preise niedrig halten. Die günstigen Medikamente sollen besonders ein älteres Publikum anlocken, einen „Rentnertourismus“ auslösen, wie Blume es nennt. „Die reisen 20, 30 Kilometer zur Apotheke an“, hat er beobachtet.
Die Verbraucherzentrale NRW begrüßt den Start der ersten Discount-Apotheke in NRW. „Das bringt sicher Belebung für den Markt“, sagt Gesundheitsexperte Kai Vogel. Bisher würden die bestehenden Apotheken die Aufhebung der Preisbindung für rezeptfreie Medikamente nicht nutzen, um ihre Preise zu senken. Dennoch rät er Patienten, gerade bei Selbstmedikation darauf zu achten, dass die Beratung umfassend und ausreichend sei.
Dies hält auch Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, für entscheidend. „Wenn Discount ohne Beratung heißt, dann ist das abzulehnen.“ Sorgen um seine Mitglieds-Apotheken macht er sich trotz der Billig-Konkurrenz aber nicht. „In NRW gibt es 5.000 Apotheken, da sind zehn easy-Apotheken wenig.“ Er ist skeptisch, dass das Discounter-Konzept aufgeht. „Die betriebswirtschaftlichen Gesetze können auch solche Apotheken nicht außer Kraft setzen.“ Bei Verschreibungen auf Rezept hätten auch die Discounter-Apotheken keinen Spielraum. Zudem sei es „kartellrechtlich bedenklich“ mit solchen Markenbildungen zu arbeiten.
Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium sieht hingegen keine Probleme: Im Fall easy seien alle rechtlichen Anfragen erfüllt, sagt Sprecher Walter Godenschweger. Solange die Qualität der Beratung stimme und nicht intensiv für unnötigen Medikamentengebrauch geworben werde, sei an dem Konzept nichts auszusetzen: „Es ist unstrittig, dass Wettbewerb grundsätzlich den Kunden nutzt.“