: Keine Angst vor der grünen Sperrstunde
APRIL, APRIL Die Grünen fordern weder eine Partybremse für Kreuzberg noch Flüsterrollen für Rollkoffer. Dagegen besaßen sie die Größe, den taz-Aprilscherz kongenial zu kontern. Sonstige Scherzlage: eher mau
Das saß. Unsere freitägliche Exklusivmeldung über die Grünen-Pläne für eine Sperrstunde in Friedrichshain-Kreuzberg sorgte selbst in der taz vereinzelt für Entrüstung. Irgendwann fiel aber auch beim letzten Spätaufsteher der Groschen: Sowohl die Spaßbremsenoffensive des grünen Landeschefs Daniel Wesener als auch die ätzende Replik von Wirtschaftssenator Harald Wolf („Erinnert an DDR-Zwangswirtschaft“) waren April-Fantasien unseres Autors und entbehrten jeglichen Wahrheitsgehalts.
Dachten wir. Bis uns eine Pressemitteilung der Grünen erreichte, in der Wesener seine Forderungen noch präzisierte: Die Sperrstunde im Partybezirk solle ausgerechnet im taz-Café an der Rudi-Dutschke-Straße nicht um 24 Uhr, sondern bereits um 14 Uhr beginnen. Man reagiere damit auf „zahlreiche Anwohner-Beschwerden über taz-Journalisten, die bereits am frühen Nachmittag alkoholisiert die Nachbarschaft verlärmen“.
Und die Grünen setzen noch eins drauf: Bezirksbürgermeister Franz Schulz, hieß es weiter, solle den „Rückbau“ der legendären taz-Dachterrasse verfügt haben – um zu verhindern, dass die vom frühen Redaktionsschluss gelangweilten Redakteure ihre „Rauschpartys“ vom Café auf die kleine grüne Oase mit Springer-Blick verlegten. Auf diesen Affront reagierte taz-Geschäftsführer Kalle Ruch mit beißender Häme. Schließlich goutierten auch ranghohe Grünen-Mitglieder das leckere Mittagsmenü im taz-Café. „Die glauben wohl, bis zur Sperrstunde um 14 Uhr gemütlich weiter bei uns essen zu können“, so Ruch. Er denke nun über ein Hausverbot nach.
Es gab noch andere Versuche, die Leichtgläubigkeit von Medienkonsumenten auszunutzen: So behauptete die Berliner Zeitung, die „Goldelse“ werde nach Abschluss der Siegessäulen-Sanierung gen Osten blicken – auf Wunsch der Linkspartei. Der Tagesspiegel berichtete über die Spitzenkandidatur Thilo Sarrazins für die Berliner FDP, und das RBB-Inforadio wartete am frühen Morgen mit der Sensation auf, Zoo und Tierpark würden räumlich fusionieren – auf dem Tempelhofer Feld.
Eher bemüht klang die Meldung aus der Senatskanzlei, Kulturstaatssekretär André Schmitz habe angeregt, die Kunst-Schau „Based in Berlin“ ins Abgeordnetenhaus zu verlegen. Den Witz suchten wohl auch andere vergebens: Die Agenturen ließen den offiziösen Scherz links liegen. CLP