: Schläger oder Schützer
Ein Mann ist angeklagt, seine Ex-Freundin geschlagen zu haben. Dass er wohl Stalker ist, spielt nur am Rande eine Rolle
Herr A. ist vermutlich ein Stalker. Doch darum geht es in diesem Verfahren nicht. Jedenfalls nicht aus der Sicht der JuristInnen. Denn damals, im Jahre 2005, da gab es noch gar keinen eigenen Straftatbestand für das Stalking. Den hat der Bundesrat erst vor wenigen Wochen gebilligt. Jetzt drohen einem Täter, der jemandem nachstellt, bis zu drei Jahren Haft. In besonders schweren Fällen beträgt das Strafmaß bis zu zehn Jahre.
Herr A. ist wegen Körperverletzung angeklagt. Er soll seine Ex-Freundin K. gegen den Kopf und in den Bauch geschlagen haben, zusammen mit seinem Freund C., dem Bruder von Frau K. Doch der Angeklagte hätte sich ihr noch nicht einmal nähern dürfen, eine einstweilige Verfügung des Amtsgerichtes verbot ihm, Kontakt mit ihr aufzunehmen. Und erlegte A. einen Mindestabstand von 20 Metern auf. Schon einmal hat er dagegen verstoßen, musste ein Ordnungsgeld von 500 Euro dafür bezahlen.
Diesmal will er es nicht gewesen sein, bestreitet alle Vorwürfe. Zwar haben die beiden sich getroffen und gestritten, doch geschlagen habe nur C. – und der ist erst gar nicht vor Gericht erschienen. „Ich habe mit dieser Sache nichts zu tun“, sagt Herr A. Und gibt den Guten. „Beschützen“ habe er sie wollen, seine Ex-Freundin, mit der er sieben Jahre zusammen war. Damit sie ihr Bruder nicht weiter wegen eines gesperrten Mobiltelefons schlägt.
Bei Frau K. hört sich die Geschichte etwas anders an. „Ich habe gedacht, die bringen mich um“, sagt sie wieder und wieder vor Gericht. Mehrmals sei sie von beiden Männern geschlagen worden, auf den Kopf, mit der Faust. Auch dann noch, als sie schon am Boden lag. Ihr Problem: Bei der Polizei hat sie das, kurz nach der Tat, noch nicht zu Protokoll gegeben. Da ist nur von Herrn C. die Rede. Und ihre ältere Schwester könnte ihre Sicht der Dinge zwar womöglich bestätigen. Will sie aber nicht. Und ihr Ehemann wohl erst recht nicht. Lieber gehe die Schwester ins Krankenhaus, sagt Frau K., so wie an diesem Verhandlungstag.
In ihrer Akte hat die zwischenzeitlich ins Frauenhaus Geflüchtete zahllose Briefe und SMS-Kurznachrichten von A., die belegen sollen, dass er sie beschimpfte und beleidigte, dass er ein Stalker ist. Und unglaubwürdig, wenn er all das bestreitet. Doch der Amtsrichter mag sich all das nicht anhören. Denn, wie gesagt, darum geht es in diesem Prozess nicht. Er wird vertagt. Und K. hat noch sehr viele andere Anzeigen gegen Herrn A. laufen. Jan Zier