: Eine Brücke geht von Dresden nach Karlsruhe
Gericht: Waldschlösschenbrücke in Dresden wird gebaut. Der Stadt droht die Aberkennung des Weltkulturerbe-Status
BERLIN taz ■ In Dresden verbinden Brücken nicht. Dort spalten sie. Gestern hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass die umstrittene Waldschlösschenbrücke gebaut werden muss. Doch die Gegner geben nicht auf: „Der Oberbürgermeister hat den Auftrag, das Bundesverfassungsgericht anzurufen“, sagte André Schollbach, Sprecher der PDS-Fraktion im Stadtrat, der taz. „Nur so kann die Brücke noch verhindert werden.“
Einen entsprechenden Beschluss hatte eine Mehrheit der Stadtparlamentarier aus PDS, SPD und Grünen vergangenen September gefasst. „Karlsruhe muss entscheiden, ob internationales Recht Kommunalrecht bricht“, sagte Schollbach weiter.
Die geplante Waldschlösschenbrücke ist seit Jahren Objekt erbitterten Streits in der sächsischen Landeshauptstadt. Sie werde gebraucht, um den Verkehr über die Elbe in den Griff zu kriegen, sagen die Befürworter. Die Gegner wiesen anhand von Messungen nach, dass dem nicht so ist. Die Dresdener entschieden sich in einem von CDU und FDP initiierten Bürgerentscheid 2005 dennoch für die Brücke. Danach meldete sich die Unesco und drohte Dresdens Elbtal den Status des Weltkulturerbes wieder abzuerkennen. Grund: Der vierspurige Brückenkoloss zerstöre die Sichtachsen des Uferidylls.
Das Gericht hat nun entschieden, dass ein Bürgerentscheid als Akt direkter Demokratie höher zu gewichten ist als das Ratifizieren der Welterbekonvention durch die Bundesrepublik 1976. Der sächsische Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) begrüßte dies: „Es ist ein Sieg der kommunalen Demokratie.“
Sachsens Grüne geben Regierungschef Georg Milbradt die Schuld daran, dass der Verlust des Unesco-Status droht. „Die sächsische Staatsregierung mit dem Ministerpräsidenten an der Spitze ist ihrer Verantwortung bei der Suche nach einem Kompromiss nicht nachgekommen“, sagt Antje Hermenau, Chefin der Landtagsfraktion. Ähnlich äußert sich auch die Landeschefin der PDS, Cornelia Ernst: „Mit dem drohenden Verlust des Unesco-Status war eine neue Situation entstanden, von der die Dresdner zum Zeitpunkt des Bürgerentscheids nichts wissen konnten“, sagt Ernst, „deshalb hätte Milbradt für einen zweiten Bürgerentscheid eintreten müssen.“ DANIEL SCHULZ