hamburg heute : Gefangen im Mythos
Eine Diskussion über die Frage, warum Deutschland immer noch nicht von der RAF loskommt
„In keinem Land interessiert sich noch irgendwer für die RAF. Darüber ist die Zeit hinweggegangen.“ Regisseur Nicolas Stemann, der am Thalia Elfriede Jelineks RAF-Entzauberungsstück „Ulrike Maria Stuart“ inszenierte, führt die Tatsache, dass der Deutsche Herbst immer noch diskutiert wird, auch auf Selbstbespiegelung zurück.
Ob das zutrifft, könnte die heutige Diskussion „Mythos Baader-Meinhof. Warum wir von der RAF nicht loskommen“ erweisen: Stemann, der Baader-Biograph Jörg Herrmann und der Ex-Terrorist Thorwald Proll werden die Gründe für das Fortbestehen des Mythos eruieren.
Die Ansätze divergieren dabei durchaus: Unbegreiflich und pubertär findet etwa Stemann die Spiele zwischen Baader und seinen Frauen. Facetten einer widersprüchlichen Persönlichkeit hat der Theologe Jörg Herrmann jüngst in seinem Band „Andreas Baader. Das Leben eines Staatsfeindes“ zusammengetragen. Bislang unveröffentlichte Briefe Baaders an Ello Michel, die Mutter einer gemeinsamen Tochter, finden sich unter anderem darin.
Thorwald Proll wird wohl von seiner Wandlung sprechen: 1968 noch an den Kaufhausbränden beteiligt, wandet er sich bald von der Gruppe ab und stellte sich deutschen Behörden. Nach der Haft arbeitet er als Verkäufer und Lektor. Seit 1978 ist er Buchhändler in Hamburg. PS
heute, 20 Uhr, Kultwerk West, Große Bergstraße 162 im Forum Altona