piwik no script img

Archiv-Artikel

Sogar „Kronprinz“ Tarique bleibt in der Zelle

Zur Korruptionsbekämpfung räumt Bangladeschs Notstandsregierung per Massenfestnahmen Politiker von der Bühne

DELHI taz ■ Seine Bekanntheit und seine mächtige Mutter konnten ihn nicht schützen. Tarique Rahman, einer der bekanntesten Politiker Bangladeschs, muss weiter im Gefängnis bleiben. Nach seiner Verhaftung am 7. März lehnte ein Gericht in der Hauptstadt Dhaka am Montag eine Freilassung auf Kaution ab. Tarique erschien vor dem Richter in einer kugelsicheren Weste, und am Dienstag wurde er in eine Gefängnisklinik eingeliefert.

Rahman ist der Sohn von Begum Khaleda Zia, Bangladeschs Premierministerin bis letzten Oktober, als sie einer Übergangsregierung Platz machte, die Wahlen durchführen sollte. Weil die Oppositionsparteien des Landes an den Wahlen nicht teilnehmen wollten, solange gefälschte Wählerlisten nicht korrigiert und parteiische Wahlkommissare nicht entlassen worden seien, verhängte Staatspräsident Ijauddin am 11. Januar den Notstand über das Land. Seitdem wurden über 160 Politiker, darunter 15 frühere Minister, unter Korruptionsvorwürfen festgenommen.

Der von Ijauddin eingesetzte Interimspremier Fakhruddin Ahmed hatte bei der Verhängung des Notstands gelobt, das korrupte System zu reinigen, bevor er Neuwahlen ansetzen würde. Dies führte darauf zu landesweiten Razzien mit tausenden von Verhaftungen. Es erlaubte zugleich eine Öffnung der Parteienlandschaft, die bisher auf die beiden nationalen Parteien – die BNP und die Awami-Liga – polarisiert war. Mohammed Yunus, der jüngste Friedensnobelpreisträger, gründete daraufhin seine Partei „Macht der Bürger“. Sie wird als Gegenkraft nicht nur zu den beiden Großparteien angesehen, sondern auch zu den islamischen Parteien, die sonst wahrscheinlich die Hauptnutznießer der Säuberungswelle wären.

Solange Tarique Rahman auf freiem Fuß war, fehlte der Anti-Korruptions-Agenda der Regierung die Glaubwürdigkeit. Der 42-jährige Sohn des früheren Militärdiktators Zia Rahman und dessen Witwe Khaleda Zia galt bis zu seiner Verhaftung nicht nur als Kronprinz für die Übernahme der BNP und als deren künftiger Kandidat für das Amt des Regierungschefs. Er hatte auch den Ruf eines rücksichtslosen Machtpolitikers, der hinter den Kulissen die Parteiposten mit seinen Getreuen besetzte und die alte Garde systematisch marginalisierte. Der Aufbau einer speziellen paramilitärischen Einsatztruppe, die auch schon mit Todesschwadronen verglichen wurde, geht auf seine Initiative und Unterstützung zurück.

Vor allem aber geht Rahman der Ruf nach, der Mann zu sein, den die Geschäftswelt anpeilen musste, wenn es um Geschäftslizenzen oder Luxusimporte geht – selbstverständlich gegen eine Abfindung. Allerdings wurden die Vorwürfe gegen ihn nie bewiesen. Mit seiner Verhaftung hat die Regierung nun aber gezeigt, dass sie die Vorwürfe ernst nimmt. Es ist auch ein Zeichen, dass die versprochene Ausmistung des Stalls mehr als nur kosmetischen Charakter hat.

Das Wahldatum in Bangladesch verschiebt sich damit ebenfalls weiter in die Ferne. Regierungsberater mutmaßen inzwischen laut, der Notstand könne nach seinem gesetzmäßigen Ablauf nach vier Monaten, also am 11. Mai, weiter verlängert werden. BERNARD IMHASLY