: Gegen Drogen-Panik
DROGEN IM HAAR Gesundheits-Staatsrat informierte erst nach der hitzigen Parlamentsdebatte
Das laute Gerede über die Möglichkeit, dass eine Vielzahl von Drogenabhängigen ihren Kindern auch Drogen geben könnte, war vor allem „Wahlkampf“. Das stellten VertreterInnen der oppositionellen Linkspartei fest – mit einem ausdrücklich Lob des Gesundheits-Staatsrats Hermann Schulte-Sasse. Nach der Parlamentsdebatte (siehe Bericht „Viel Lärm ums Kindeswohl“, taz vom 8. 4.) hatte der abends in einer Sondersitzung die Sozialdeputation darüber informiert, dass die Funde der Drogenspuren in Haarproben auch andere Ursachen haben können.
MitarbeiterInnen der Drogenhilfe hatten von Anfang an Zweifel an den Schlussfolgerungen gehegt, die in politischen Kreisen aus den Drogenfunden in den Haarproben laut geworden waren. Aufgrund der statistisch unwahrscheinlichen, extremen „Trefferquote“ (bei 15 Kindern wurden Haaranalysen gemacht, davon wiesen 14 Spuren auf) zweifelte auch das Gesundheitsressort die Interpretation der Ergebnisse an und suchte selbst nach vergleichbaren Studien über ähnliche Messungen, da dem beauftragten Bremer Institut keine bekannt waren. Man fand drei Studien in Kanada und eine in Frankreich, die zu einer anderen Interpretation von ähnlichen Befunden kamen.
In diesen Studien wurde die Möglichkeit der Übertragung der Stoffwechselabbauprodukte der erwachsenen Kontaktpersonen über Schweiß, also Körperkontakt, entsprechend berücksichtigt. Aufgrund dessen wurden seitens des Gesundheitsressorts zwei andere Fachinstitute aus Hamburg und Berlin beauftragt, deren Ergebnisse Ende des Monats zu erwarten sind.
Cornelia Barth, Sprecherin der Linken und selbst seit 20 Jahren als Sozialarbeiterin in der Drogenhilfe tätig, erklärt: „Insbesondere von der Spitzenkandidatin der CDU, Rita Mohr-Lüllmann – einer Apothekerin – hätte ich aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation einen verantwortungsbewussten und vorsichtigeren Umgang mit diesem sensiblen Thema erwartet.“ Dabei, so Cornelia Barth, sei „sicher völlig unstrittig, dass Drogensubstanzen nicht in Kinderkörper gehören“. kawe