: Das Platz-schaff-Stipendium
Die Bewegungsplattform der taz organisiert freie Arbeitsplätze für eine Initiative in Berlin. Und damit sie richtig ins Rollen kommt, legen wir noch ein paar Fortbildungen obendrauf
■ Was wir bieten:
■ Zwei Arbeitsplätze für sechs Monate in der raumstation ab 1. Juli 2011
■ Vier Workshops: „Fundraisinginstrumente für linksalternative Projekte“, „Corporate Identity & Claim“, „Kampagnenorganisation“, „Kommunikationsguerilla“
■ Was wir wollen:
■ eine Bewerbung per E-Mail oder per Post bis zum 15. Juni
■ Platz schaffen für nicht-kommerzielle, emanzipative Initiativen in Berlin
… alle Infos dazu online unter www.taz.de/platzschaffen
… und zu den Arbeitsplätzen unter www.raumstation-berlin.net
Die Dynamik ist da. Im Café um die Ecke wird heftig diskutiert, wie wir mit der ständigen Verschärfung der Mietpreise umgehen können, in der WG nebenan treffen sich gerade fünf Freunde und basteln an einem Demo-Banner zum Atomausstieg, nach dem Seminar an der Uni bleiben 20 Leute im Raum und diskutieren antisexistische Maßnahmen, im linken Projektraum des Nachbarschaftszentrums ist wieder ein antifaschistisches Plenum. Die Bewegung zieht durch die Räume unserer Gesellschaft. Sie sucht nach Möglichkeiten, das Richtige im Falschen zu tun.
Gleichzeitig sprießen in Großstädten gerade die sogenannten Co-Working-Spaces aus allen Ecken, Büroräume, in denen einzelne Tische gemietet werden können und in denen Drucker, Scanner, Kaffeemaschinen und Internetleitungen geteilt werden. Im Idealfall inspirieren sich die einzelnen Co-WorkerInnen gegenseitig, helfen sich bei Projekten, die sie zu Hause allein hätten wuppen müssten. Nun sitzen dort vor allem Leute, die Klingeltöne und Rasenmäher mit Kopfhörern verkaufen wollen oder sich für schnelleren Konsum im Restaurant per iPhone-Software einsetzen.
Okay, sollen sie. Aber warum sollte der linken Bewegung nicht auch Raum gegeben werden, sich zu organisieren und zu fokussieren?
Wir wollen Raum für nicht-kommerzielle Projekte schaffen! Für Initiativen, die abseits von Unternehmenslogik daran arbeiten, die Gesellschaft zu verändern. Und wir wollen ihnen nicht nur Arbeitsraum geben, wir wollen ihnen auch Schwung geben, wo sie Schwung brauchen, um emanzipative Werte zu verwirklichen. Sozusagen einen selbstbestimmten Arschtritt. Für umme und aus reiner Solidarität.
Zwei Büroplätze, sechs Monate, vier Workshops
Zusammen mit dem Co-Working-Space „raumstation“ schreiben wir professionelle Beratung und zwei Büroplätze aus, die von Juli bis Dezember genutzt werden können. Gemeinsam mit Profis könnt ihr euch überlegen, wie man im linksalternativen Bereich Gelder zusammenkratzt und wo sie am besten ausgegeben werden. Ihr entwickelt ein eigenes Logo und bekommt Tipps, wie mit gelungener Corporate Identity die gute Sache zum Erfolg geführt wird. Die kritischen Punkte der Kampagnenentwicklung werden durchdacht und Kommunikationsguerilla-Aktionen geplant. Und falls eine spezielle Beratung gebraucht wird, etwa ein Workshop für Seifenblasen, kennen wir ja vielleicht auch noch jemanden, die oder der das anbieten kann. Und alle, die mitmachen, geben ihre Unterstützung aus Solidarität, niemand wird dafür bezahlt. Platz schaffen für Veränderung: einfach weil es Sinn macht.
Das Co-Working-Projekt „raumstation“ ist vom Architekturbüro der „raumstar*architekten“ entwickelt worden, das in den vergangenen fünf Jahren im Wesentlichen interdisziplinär besetzte Projekte realisiert hat. Die Umsetzung von sozial und ökonomisch abgestimmten Projekten ist dabei ein wesentliches Motiv der ArchitektInnen. Im Gesamtkonzept denken sie auch an den Kiez: „Die raumstation ist so etwas wie ein kleiner Motor für die Mikroökonomie des Stephankiezes geworden. Die Bewohner, die meist aus anderen Teilen Berlins kommen, lassen durch ihre alltäglichen Ausgaben wie Mittagessen monatlich etwa 4.000 Euro in den kleinen Buden der Umgebung“, sagt Michael Kloos von der raumstation, „uns sind hier eine breite berufliche Mischung und unterschiedliche gesellschaftliche Ansätze wichtig. Wir freuen uns auf die Initiativen, die mit ihren Projekten ganz neue Perspektiven in die raumstation einbringen.“ Wer sich die Plätze mal anschauen will, kann immer donnerstags um 17 Uhr vorbeischauen.
Dieses Stipendium ist ein erster Versuch, eine Art Solidaritäts-Stipendium als Starthilfe. Vielleicht ist die Bewegung auch schon so gut organisiert, dass sie keinen Arbeitsraum braucht. Vielleicht ist Moabit zu weit weg und alle hängen lieber in Kreuzberg und Neukölln rum. Vielleicht bleiben die Initiativen auch lieber unter sich und wollen keinen Raum mit SoftwareentwicklerInnen oder Grünen-WählerInnen teilen. Vielleicht ist aber auch gerade eine solche Unterschiedlichkeit spannend. Und falls so ein Kick-Start gut gebraucht wird, könnten wir im Anschluss diese Initiative in Berlin ausweiten und auch in anderen Großstädten Freiraum für die Bewegung schaffen.
Auf das Arbeitsraumstipendium kann sich jede Berliner Bewegungsinitiative bewerben, die sich als politisch links versteht und nicht-kommerziell arbeitet. Bitte sendet dazu eure Bewerbung bis zum 15. Juni per E-Mail an bewegung@taz.de.
Bedingungen, Form und weitere Infos zur Bewerbung findet ihr unter www.taz.de/platzschaffen. Jean Peters