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Archiv-Artikel

Europas neue Außenministerin

Sie hat es geschafft, gegen alle Erwartungen. Federica Mogherini wird neue europäische Außenbeauftragte und Vizepräsidentin der EU-Kommission. Dank Premier Matteo Renzi, ihres Förderers, gelingt ihr damit der zweite Coup binnen sechs Monaten – die 41-Jährige war erst im Februar 2014 Außenministerin geworden.

Zu jung, zu unerfahren : Diese Vorwürfe waren im Februar genauso wie jetzt wieder quer durch Europa zu hören. Mogherini selbst witzelte am Samstag, sie sei immerhin ein Jahr älter als Renzi, zudem beschäftige sie sich seit nunmehr bald zwei Jahrzehnten mit internationaler Politik. Schon als Jugendliche hatte die Römerin mit der Politik begonnen, noch in der kommunistischen Parteijugend. In den späten Neunzigerjahren, beim Nachwuchs der sozialdemokratisch gewendeten Linksdemokraten, kümmerte sie sich im Vorstand um die internationalen Beziehungen; ihr Augenmerk galt den Globalisierungskritikern. Im Juli 2001 war die Linksdemokraten-Jugend, anders als die Partei, bei den Anti-G-8-Protesten in Genua dabei, auch dank Mogherini. Die hatte derweil ihr Politikstudium abgeschlossen, inklusive ein Jahr Erasmus in Frankreich, mit einer Arbeit über die Beziehung zwischen Politik und Religion im Islam. Von 2003 an kümmerte sie sich im Parteivorstand um internationale Beziehungen. 2008 dann zog sie ins Parlament ein, konzentrierte sich dort auf den Außen- und den Verteidigungsausschuss.

Kritiker in Italien lästern, Mogherini habe ein sicheres Gespür für Macht. Immer habe sie an der Seite des gerade Stärksten erst in der Partei der Linksdemokraten, dann in der Partito Democratico gestanden. So war sie noch im Jahr 2012 für den damaligen Parteichef Pierluigi Bersani gegen Renzi. Der müsse erst mal „ordentlich Außenpolitik studieren“, sagte sie, schlicht „ungenügend“ seien seine Kenntnisse. Ein Jahr später schlug sie sich auf die Seite Renzis – und wurde mit dem Amt der Außenministerin belohnt. Jetzt allerdings hängt ihr der entgegengesetzte Verdacht an: Sie sei bloß als EU-Außenbeauftragte nominiert worden, weil die wichtigsten Staaten Europas sich eine „Ashton zwei“, eine graue und machtlose EU-Chefdiplomatin wünschten.

MICHAEL BRAUN