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Archiv-Artikel

„Noch gar keine Rechte“

AUSSTELLUNG Die Rolle der Frauen an der Heimafront des Ersten Weltkriegs wird näher beleuchtet

Edith Laudowicz

■ 68, ist die 1. Vorsitzende des Vereins „Bremer Frauenmuseum“.

taz: Frau Laudowicz, wenn es um den 1. Weltkrieg geht, dann geht es noch immer meist nur um Männer…

Edith Laudowicz: Dabei hat sich die Lebenssituation für die Frauen durch das Fehlen der Männer massiv verändert. Um die Situation der Bevölkerung zu lindern, wurden vor allem Frauen zu Hilfe gerufen. Sie mussten in Bereichen arbeiten, in denen sie vorher nicht tätig waren, in der Folge waren dann die Kinder alleine und mussten untergebracht werden. Hier haben die Frauenorganisationen fast alle Bereiche des sozialen Lebens organisiert, um das zivile Leben aufrecht zu erhalten.

Heute eröffnet dazu die Ausstellung: „Bremer Frauen an der Heimatfront 1914 bis 1918“. Wie kam die zustande?

Wir fragen uns immer wieder, welche Rolle die Frauen in bestimmten geschichtlichen Kontexten gespielt haben. Und dieser Bereich, um den es hier geht, war bis jetzt auch noch mangelhaft erforscht. Wir haben dazu nun akribische Untersuchungen angestellt.

Warum war das bisher nicht erforscht?

Gute Frage. Aber es ist ja nicht unüblich, dass die Frauen da vergessen werden.

Geht es in der Ausstellung auch um Frauen, die in der Rüstungsindustrie gearbeitet haben?

In Bremen gab es damals noch keine Rüstungsindustrie. Aber Frauen haben in Bremen damals in den Lloyd-Werken gearbeitet, oder für die Straßenbahn.

Gab es auch versteckte SoldatInnen?

Die Propaganda, auch das zeigt die Ausstellung, hat damals so getan, als ob es Soldatinnen gäbe und Propaganda-Postkarten mit Frauen in Uniformen gemacht – es gab keine Soldatinnen, die Frauen hatten damals noch gar keine Rechte.

Bedeutete der 1. Weltkrieg einen Schub für die Emanzipation?

Nein. In Notzeiten werden sie in Bereichen eingesetzt, die ihnen sonst verweigert werden. Aber nach dem Krieg wurden sie auch wieder rausgedrängt. Sie dienten als Lückenbüßerinnen. Wobei man natürlich zwischen den Frauen aus der Arbeiterklasse und den bürgerlichen Frauen unterscheiden muss – die einen arbeiteten damals schon in der Fabrik, für die anderen war Berufstätigkeit noch unschicklich.

War die Lage der Bremerinnen anders als anderswo?

In Bremen war die Kriegsbegeisterung bei den Frauen nicht so überschwänglich, die Bremer Frauenorganisationen folgten zum Beispiel nicht dem Aufruf des Bundes Deutscher Frauenvereine, sich zu einem Nationalen Frauendienst zusammenzuschließen. Sie beharrten stattdessen auf ihre Eigenständigkeit und arbeiten im Zentralen Hilfsausschuss mit.

INTERVIEW: JAN ZIER

Eröffnung: 18 Uhr, Wall-Saal, Zentralbibliothek