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Weiter unbezahlte Praktika in rot-grünen Landesministerien

NRW Im Wahlkampf forderte die SPD, Praktis fair zu entlohnen. In der eigenen Regierung sieht man das nicht so eng

„Praktika machen auch Arbeit“

NORBERT WALTER-BORJANS, SPD

KÖLN taz | Die Zuschauertribünen waren bereits verwaist, als im nordrhein-westfälischen Landtag ein für Landesarbeitsminister Guntram Schneider (SPD) unangenehmer Tagesordnungspunkt aufgerufen wurde. Am späten Donnerstagabend debattierte das Düsseldorfer Parlament, wie es die rot-grüne Minderheitsregierung mit der Vergütung ihrer Praktikanten hält. Die Linkspartei hatte beantragt, dass sie künftig mindestens 300 Euro erhalten sollten. Doch bei Rot-Grün biss sie mit dieser Forderung auf Granit. Denn das würde schließlich Geld kosten.

Derzeit arbeiten 62 Praktikanten in den Ministerien des Landes, eine Vergütung erhält keiner von ihnen. Das hätte die Linkspartei gerne geändert. Sie halte es für „geboten, dass die Landesregierung sich auch als Arbeitgeber vorbildlich verhält“.

Auch die damals noch oppositionelle SPD hatte in ihrem Landtagswahlprogramm noch gefordert, dass „Dauer, Bezahlung und Anzahl von Praktika gesetzlich geregelt werden“. Davon, jetzt bei ihren eigenen Praktikanten anzufangen, hält die rot-grüne Landesregierung aber nichts. Die Koalition sei zwar „mit diesem Thema durchaus befasst“, sagte Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Aber einerseits seien Praktika „keine Arbeitsleistung, die man von anderen nimmt“. Denn wenn man als Arbeitgeber richtig mit den Praktikanten umgehe, „dann macht das auch Arbeit“. Andererseits sei er dafür, möglichst vielen die Möglichkeit zu eröffnen, einen Praktikumsplatz zu bekommen. Deswegen sei es wichtig, dass die Regierung jetzt nicht mit einer Vergütung „den Sack zumacht“.

Walter-Borjans’ Parteifreund Schneider verfolgte die Debatte mit grimmiger Miene. Trotz lautstarker Aufforderungen aus den Oppositionsreihen ergriff der bullige Sozialdemokrat jedoch nicht das Wort. Er wollte sich die Peinlichkeit ersparen – noch im Landtagswahlkampf im vergangenen Jahr hatte Schneider, seinerzeit noch DGB-Landesvorsitzender, selbst eine Mindestvergütung für Praktika in der jetzt von der Linkspartei geforderten Höhe propagiert.

„So ist das mit den Wahlversprechen: die holen einen immer wieder ein“, spottete denn auch der CDU-Abgeordnete Peter Preuß. Besonders delikat: Zwar gingen auch unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung Praktikanten in der Regel leer aus – nicht jedoch die in dem von Schneiders CDU-Vorgänger Karl-Josef Laumann geführten Arbeitsministerium. PASCAL BEUCKER

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