REINER WANDLER ÜBER DIE GEPLANTE WAHLRECHTSREFORM IN SPANIEN: Helle Panik in Madrid
Spaniens konservative Regierung könnte der Feder von Georg Orwell entsprungen sein. Wie in dessen Roman „1984“ bedient sich der „Große Bruder“, Ministerpräsident Mariano Rajoy, und seine PP des „Neusprechs“. Aus einer Wahlrechtsreform, die einzig das Ziel hat, die PP trotz historischem Umfragetief erneut in die Bürgermeisterämter zu bringen, wird die „Regeneration der Demokratie“.
Ein Gesetz, das das Demonstrationsrecht einschränkt und das Fotografieren von Polizisten bei Einsätzen verbietet, heißt „Gesetz der Sicherheit der Bürger“. Und das geplante Abtreibungsverbot wird zum „Gesetz zum Schutz des empfangenen Lebens“.
Seit den Europawahlen im Mai ist eines klar. Das Zweiparteiensystem, das Spanien seit dem Tod von Diktator Franco in den 1970er Jahren regiert, steckt in der Krise. Erstmals erzielten die konservative PP und die sozialistische PSOE zusammen weniger als 50 Prozent der Stimmen.
Die Protestbewegungen, die seit Beginn der Krise gegen die Sparpolitik mobilmachen, erzielten dank einer neuen Formation – „Podemos“ - über 1,2 Millionen Stimmen. Mittlerweile liegt Podemos bei Umfragen nur noch knapp hinter der PSOE. Ein Sieg der Linken – Podemos, Postkommunisten und Sozialisten zusammengenommen – ist bei den Kommunalwahlen 2015 in weiten Teilen Spaniens wahrscheinlich. Den Protestbewegungen wurde vorgehalten, sie müssten sich zur Wahl stellen, wenn sie etwas verändern wollen. Jetzt, wo sie es tun, bricht helle Panik aus.
Es steht viel auf dem Spiel. Die konservativen Bürgermeister haben einen Großteil der öffentlichen Dienstleistungen privatisiert, Verträge an befreundete Unternehmer vergeben. So mancher Bürgermeister hat selbst in die Kasse gegriffen. All das soll gerettet werden, selbst wenn die Demokratie dabei auf der Strecke bleibt.
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