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Archiv-Artikel

Für die Troika in eine Luxusherberge

KRISE Kurioser Auslandseinsatz für griechische Regierung: Verhandlungen beginnen in Paris

Regierung rechnet erstmals seit 2008 wieder mit etwas Wirtschaftswachstum

ATHEN taz | Nicht nur die konservative Tageszeitung Dimokratia wundert sich, dass sämtliche Sparminister Griechenlands ausgerechnet in einer Pariser Luxusherberge absteigen müssen, um Gespräche über weitere Konsolidierungsbemühungen zu führen. Es ist kurios, aber Fakt: Seit Dienstagabend laufen voraussichtlich drei Tage lang Beratungen mit der aus EU, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank bestehenden Troika – diesmal in der französischen Hauptstadt.

Aus Sicht der griechischen Regierung ist die Symbolik jedoch eine völlig andere: Die Verhandlungsrunde auf „neutralem Boden“ sei ein deutliches Zeichen dafür, dass der Griechenland-Einsatz der Troika zu Ende ginge, erklärten regierungsnahe Kommentatoren.

Vielleicht geht es sogar um mehr: Die Athener Wochenzeitung To Vima glaubt zu wissen, dass in Paris, fernab nachbohrender Journalisten, auch über eine künftige Schuldenregelung oder gar einen Schuldenschnitt für Hellas beraten würde – zumindest im Ansatz. „Nein, das steht nicht auf der Agenda“, dementierte ein nicht näher genannter Regierungsvertreter gegenüber Reuters. Auch Finanzminister Gikas Hardouvelis versucht die Erwartungen zu dämpfen: Ziel der Gespräche sei lediglich, die Glaubwürdigkeit des Landes zu verbessern, sagte Griechenlands oberster Kassenwart kurz vor seiner Abreise.

Ansonsten gilt: „Paris ist der Wegbereiter einer weiteren Verhandlung mit der Troika, die erst Ende September in Griechenland stattfindet.“ Die Linksopposition Syriza fand deutlichere Worte: Das Treffen von Paris sei reine Propaganda, mahnt Syriza-Sprecher Panos Skourletis.

Nach übereinstimmenden Medienberichten soll Finanzminister Hardouvelis jedenfalls in Paris auf Steuererleichterungen für die krisengeplagte Mittelschicht Griechenlands drängen – in Betracht käme etwa eine Minderung der Immobiliensteuer, der Sonderabgabe auf Heizöl sowie der „Solidaritätsteuer“ in Höhe von bis zu 4 Prozent des Jahreseinkommens. Auch hier mauerte Hardouvelis gegenüber der Presse: „Steuerfragen stehen nicht auf der Agenda“, sagte der Finanzminister. Er fügte aber auch hinzu: „Sollte die andere Seite das Thema ansprechen, dann hätten wir schon die richtigen Antworten parat.“ Vieles spricht dafür, dass die Gläubiger Griechenlands erst einmal ein ganz anderes Thema ansprechen: Die heiß umstrittenen „Reformen am Arbeitsmarkt“, etwa eine Liberalisierung von Entlassungen in der Privatwirtschaft. Über unverhoffte Steuergeschenke seitens der Troika würde sich jedenfalls Regierungschef Antonis Samaras freuen, der am Wochenende in Thessaloniki zur Eröffnung der Herbstmesse erwartet wird. Zu Wohlstandszeiten galt die „Eröffnungsrede von Thessaloniki“ für jeden Ministerpräsidenten als idealer Anlass, Geschenke unters Wahlvolk zu bringen. Gern würde Samaras an diese Tradition anknüpfen, zumal die wiedererstarkte Linksopposition auf vorgezogene Neuwahlen drängt. Doch das wird schwer. Zwar rechnet die Regierung – erstmals seit 2008 – in diesem Jahr wieder mit einem Wachstum von 0,6 Prozent. Allerdings wird das Minus im griechischen Etat laut Troika-Schätzung wieder 2 Milliarden Euro erreichen. JANNIS PAPADIMITRIOU