: Einblick (539)
Andreas Schlägel, Künstler/Kritiker/Kurator
■ Andreas Schlaegel konzentriert sich als Künstler auf die Entwicklung kollaborativer Formate, die sich zwischen künstlerischen und kuratierten Projekten bewegen. Dazu zählt die Ausstellung „The Art of Conversation“ (PSM Galerie, Berlin, 2011 mit Paolo Chiasera und Matthew Antezzo realisiert), des Art Critics Orchestras (2003–2011) oder des seit 2009 aktiven Künstlerkollektivs und der Rockband The B-Men. Als Autor schreibt er in internationalen Zeitschriften und Museumspublikationen.
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie/dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum? Andreas Schlägel: Die 8. Berlin Biennale war eine verpasste Chance. Zmijweski hatte mit der 7. Ausgabe eine Steilvorlage gegeben, nun hätte es eine Chance gegeben, darauf zu antworten. Das Resultat, trotz einiger starker Einzelarbeiten, ist Pantoffelkino für Sofa-Intellektuelle. Die realen Auseinandersetzungen werden vor der Nase ausgetragen, wie in der Ohlauer Straße. Welche Rolle kann Kunst in einem solch grundlegenden Konflikt um die Würde des Menschen spielen? Das interessiert mich. Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst du empfehlen? Ich warte darauf, dass die Band Mutter wieder mal auftritt, es gibt ja eine neue Platte. Ich weiß: unsexy alte Männer, Gejammer und Geschrammel – aber ich mag Musik, die nicht von Individuen, sondern von Gruppen gemacht wird, weil da eine Art Metapher für eine gesellschaftliche Utopie verkörpert wird. Welche Zeitung/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie/dich durch den Alltag? Ich lese einiges wieder, zurzeit Interviews mit Joseph Beuys. Eine engagierte und dezidiert künstlerische Haltung wie seine vermisse ich heute, auch in Bezug auf die Wahl seiner künstlerischen Mittel. Dazu passt: „Vibrant Matter“ von Jane Bennett, die fragt, ob nicht im Wesen von Materialien und ihren Strukturen mehr Macht über uns liegt, als wir ihnen zugestehen würden. Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen/dir zurzeit am meisten Freude? Da würde ich Facebook nennen, eine „guilty pleasure“, obwohl ich jeden Tag aufs Neue überlege, mich abzumelden. Der Datenkrake ist schlimm, produziert Prokrastination und Unsinn, und trotz aller Werbung bleibe ich damit auf unkomplizierte Weise mit ehemaligen Studenten, Kollegen und Freunden in der ganzen Welt in Kontakt und erfahre, was sie beschäftigt – und welche Bücher sie gerade lesen. Aber E-Mails sind besser, keine Frage.