Zwischen Stararchitekt und Bauer

ZUKUNFTSENTWÜRFE 22 Schüler der Karlsgarten-Grundschule haben aufgeschrieben, wie sie sich ihr Leben in 20 Jahren vorstellen. Die taz druckt eine Auswahl

■  In einer Projektwoche haben sich 22 Schülerinnen und Schüler der Karlsgarten-Grundschule ihrer Zukunft gewidmet: „Schüler schreiben – meine Zukunft im Schillerkiez“. Zusammen mit der Berliner Autorin Elisabeth Wirth verfassten die Fünftklässler Visionen über ihr Leben als Erwachsene. Die Geschichten wurden im Februar in einem kleinen Band veröffentlicht, der in der Karlsgarten-Schule und im Büro des Quartiersmanagements in der Schillerpromenade 10 ausliegt.

■  Die Karlsgarten-Grundschule liegt streng genommen nicht im Schillerkiez, sondern etwas nördlich davon – sie wird aber von vielen Schülern aus dem Schillerkiez besucht. (ko)

Kinderfotos: Elisabeth Wirth

„Hallo, ich bin Elif Zölfükar. Ich bin 29 Jahre alt und lebe in Italien, in der Hauptstadt Rom. Am Meer ist es am schönsten, und ein Glück ist das Mittelmeer von Rom nicht weit entfernt. Ich bin Maklerin und verkaufe die größten Villen bis hin zu den kleinsten Mietwohnungen. Ich treffe die unterschiedlichsten Menschen. Mein Beruf gefällt mir, es ist abenteuerlich. Ich staune immer wieder, was es für Sorten von Häusern, Villen oder auch Wohnungen gibt.

Meine Freundinnen helfen mir, den Alltag nicht alleine bewältigen zu müssen. Weil ich so gut an dem Verkauf einer Villa verdient habe, fahre ich in den Urlaub. Ich besuche meine Eltern im Schillerkiez. Meine Eltern freuen sich sehr, dass ich gekommen bin. Zur Feier des Tages gehen wir in ein schickes Restaurant mit Blick auf das Tempelhofer Feld. Früher war das ein Flughafen. Würde es ihn noch geben, könnte ich von Rom direkt vor die Haustür fliegen. Heute ist das Tempelhofer Feld ein schöner Park. In den nächsten Tagen gehe ich ins Kino in der Hermannstraße und treffe mich mit meinen alten Schulfreundinnen.“

„Ich heiße Halit Bacak und bin 28 Jahre alt. Ich und mein bester Freund Leo wohnen in Berlin. Wir sind Bauern. Früher wohnten wir auf der Insel Menorca. Wir pflanzten Blumen, Obst und Gemüse an und verdienten viel Geld. Manchmal gingen Leo und ich im Mittelmeer schwimmen. Nachdem wir genug Geld verdient hatten, verkauften wir unseren Hof und flogen nach Deutschland. Wir wollten endlich unsere Eltern wiedersehen.

Sie wohnen im Schillerkiez, wo ich auch aufgewachsen bin. Alle freuten sich sehr, uns wiederzusehen. Unsere Eltern hatten eine Party für uns vorbereitet und wir feierten bis in die Nacht. In den nächsten Wochen trafen wir unsere alten Schulfreunde.

Nach einigen Monaten haben wir beschlossen in Berlin zu bleiben. Doch uns fehlte unser Leben als Bauern. Wir kauften uns einen Bauernhof am Stadtrand von Berlin. Wir haben jetzt auch Tiere: drei Kühe, vier Hühner, ein Pferd und ein Schaf. Es ist sehr anstrengend, aber es macht auch Spaß. Wir pflanzen wieder Blumen und Obst und Gemüse und verkaufen es auf den Märkten in Berlin.“

„Mein Name ist Hussam Mansour. Ich bin 35 Jahre alt und wohne in Spanien, in einer Villa mit 15 Zimmern, mitten in Madrid. Von Beruf bin ich Architekt. Ich entwerfe Häuser, spreche die Entwürfe mit den Kunden ab und bin auch dabei, wenn die Bauarbeiter anfangen, die Häuser zu bauen. Am Abend fahre ich nach Hause.

Meine Frau hat die Kinder am Nachmittag von der Schule abgeholt. Ich erzähle ihnen immer von meiner Kindheit. Damals lebte ich im Schillerkiez in Berlin. Ich ging auf die Karlsgarten-Grundschule. Meine Eltern leben immer noch dort – und wir fliegen oft nach Berlin. Dann besuchen wir alle Verwandten und meine alten Schulfreunde. Meine Kinder mögen das Tempelhofer Feld und können sich nicht vorstellen, dass das mal ein Flughafen war. Alles sieht jetzt anders aus.

Ein paar Häuser, die am Rande des Parks stehen, habe ich entworfen. Letztens habe ich ein großes Bürohaus entworfen. Es hatte 2.000.000 Dollar gekostet. Da verdiene ich 300.000 Dollar und kaufte mir davon einen Lamborghini.“

„Hallo, ich bin Mariam Chahrour und 28 Jahre alt. Ich wohne in Biesdorf und bin Lehrerin. Ich unterrichte Kinder in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch. Ich arbeite im Schillerkiez, in meiner alten Grundschule in der Karlsgartenstraße.

Meine Tochter heißt Lilly. Leider haben mein Mann und ich uns vor einiger Zeit getrennt. Ich lebe mit meiner Tochter allein. Ich bringe sie von Montag bis Freitag in den Kindergarten. Danach gehe ich in die Schule und habe bis zur 6. Stunde Unterricht. Meine Arbeit macht mir sehr viel Spaß, weil ich Kinder mag und sie gerne unterrichte. Nach der Arbeit hole ich Lilly vom Kindergarten ab und gehe mit ihr im Park spazieren.

Besonders freue ich mich auf die Wochenenden. Die verbringe ich meistens mit meiner Tochter. Im Sommer gehen wir an den See zum Schwimmen und essen fast immer ein Eis danach. Im Winter gehen wir auf die Eisbahn zum Schlittschuhlaufen oder in die Hasenheide zum Schlittenfahren. Und am Abend werden meine Tante und ich auf ihrem Balkon sitzen und Kaffee trinken.“

„Hallo, ich bin Sezer Rinta. Ich bin 30 Jahre und Taxifahrer. Manchmal rede ich mit den Leuten, die ich durch Berlin fahre. Ich habe viele spannende Dinge gehört. Ich wohne mit meiner Freundin im Schillerkiez. Sie heißt Lisa. Ich habe sie beim Dönerimbiss kennengelernt. Es war ein Abend im Sommer vor zwei Jahren. Ich saß vor dem Imbiss und aß Döner. Lisa kam, kaufte eine Pizza und setzte sich neben mich. Wir haben angefangen zu reden. Ich fand sie sehr nett und schön. Ich gab ihr meine Telefonnummer, sie gab mir ihre. Wir haben uns oft getroffen. Ich habe sie zum Essen eingeladen. Und wir waren im Columbiabad und im Kino. Wir verliebten uns. Ich mag sie schon sehr. Nach einem Jahr zogen wir zusammen.

Nach der Arbeit kochen meine Freundin und ich. Am liebsten mag ich Spaghetti mit Tomatensauce. Am Abend spielen wir noch etwas oder gucken Fernsehen. In unserer Freizeit und am Wochenende gehen wir oft ins Kino in der Hermannstraße. Im Sommer machen wir gerne Picknick in der Hasenheide oder auf dem Tempelhofer Feld.“