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Archiv-Artikel

Ein Familienerfolg namens OHB

Bilanzpressekonferenz von OHB Systems: Das Familienunternehmen, das 1982 mit fünf Mitarbeitern und Schiffshydraulik begann, ist heute eine der großen Adressen in der Raumfahrt-Industrie

Von Klaus Wolschner

„Warum nimmst Du nicht ein Taxi?“ Christa Fuchs ist nicht nur Aufsichtsratsvorsitzende des Raumfahrt-Unternehmens OHB System, sondern die Mutter des Konzerns. Sohn Marco muss nach Frankfurt, Verhandlungen mit der Bundeswehr stehen an. Vater Manfred Fuchs ist in Berlin, Kasachstan will eventuell Aufklärungssatelliten bestellen. Die Bilanzpressekonferenz war einer der eher unwichtigen Termine gestern. „Wir sehen uns morgen in Mailand“, verabschiedet Christa Fuchs ihren Sohn. Über Ostern gibt es ein paar Tage Urlaub. Und eigentlich keinen Grund, auf einer Bilanzpressekonferenz zu verbergen, dass es sich um ein Familienunternehmen handelt.

Dabei sind die Zahlen der Bilanz 2006 mal wieder sensationell: 186 Millionen Euro Umsatz hat die „Fuchs-Gruppe“ gemacht, im Jahr 2002 waren es noch 79 Millionen. 64 Prozent der Aktien hält der Familiäre „Fuchs-Pool“. 7.000 Aktionäre teilen sich den Rest – immerhin lag die „Performance“ der Aktie im Jahr 2006 über dem Dax.

Denn OHB hat für 448 Millionen Euro Aufträge in den Büchern, im Bereich der Raumfahrt- und Militärauftäge wird langfristig geplant. Von den 826 Mitarbeitern arbeiten 300 in Bremen.

Zehn Prozent der Bauteile für die Ariane V werden zum Beispiel von OHB-Werken in Nürnberg und in Bremen zugeliefert – mehr als von der deutschen EADS. Derzeit arbeiten die OHB-Ingenieure an den Trägerraketen, die 2009 starten sollen. Der andere Bereich, bei dem es boomt für OHB, ist der der Aufklärungs-Satelliten. Fünf Stück unter dem Projektnamen „SAR Lupe“ hat die Bundeswehr bestellt, der erste wurde im Dezember erfolgreich auf seine Umlaufbahn geschossen. Mit sieben Kilometern pro Sekunde umkreist er in 500 Kilometern Höhe den Globus und liefert Bilder – deren Auflösung sei „besser als einen Meter“, verrät Technik-Vorstand Fritz Merkle. Gerade ist eine Delegation aus Frankreich in der Bremer OHB-Zentrale – die französischen Militärs wollen mit der Bundeswehr die Daten ihrer jeweiligen Aufklärungs-Satelliten austauschen. Technisch koordiniert wird das bei OHB.

Mit einer Projektstudie unter dem schönen Namen „Mona Lisa“ hat OHB auch seinen Anspruch angemeldet, bei einer möglichen deutschen Mond-Mission ganz vorne dabei zu sein – „die wollen wir führen“, sagt Marco Fuchs ganz unbescheiden. Mit ihren „Small Geos“ ist OHB die einzige deutsche Firma, die Erfahrung hat im Bau kleinerer Satelliten – ein solcher soll schon im Jahr 2013 den Mond umkreisen und detaillierte Aufnahmen liefern, auch um auf diese Weise mögliche Landeplätze für eine spätere bemannte Mission zu erkunden.

Der Produktbereich „Telematik“ ist der kleinste von OHB und der einzige mit rein privatwirtschaftlichen Kunden: 15.000 integrierte Multimedia-Ortungssysteme und Navigatoren hat DAB bestellt, die Systeme sollen sogar helfen, Maut sparende Schleichwege zu finden. Für die Zementkipper, deren Fracht gerade 90 Minuten „frisch“ bleibt, kontrollieren die Navigatoren auch die Entladung.

Neustes Produkt aus dem Hause OHB: Ein Hometrainer für die Weltraumstation ISS. Weil sich unter Bedingungen der Schwerelosigkeit die Muskeln und Knochen zurückbilden, müssen Astronauten viel Krafttraining machen. Die Geräte, die auf der Erde im Handel sind, eignen sich dafür nicht – eben weil sie immer mit der Schwerkraft rechnen. OHB hat ein medizinisch ausgetüfteltes Gerät produziert, vielleicht wird es schon mit der Columbus auf die ISS geflogen.