: „Will ich ins Nachbardorf, brauche ich drei Stunden“
WAHL-INTERVIEW Wie kommt man auf dem Land vom Fleck – und das auch noch ökologisch? Trampen!
■ 59, ist Initiator des Projekts MObiL, das von der Robert-Bosch-Stiftung unterstützt wird. Es soll die Mobilität im ländlichen Raum erhöhen.
taz: Herr Winkelkotte, gehen Sie wählen?
Thomas Winkelkotte: Ja, und ich hoffe auf einen Politikwechsel. Wir brauchen Parteien, die ökologisch und nachhaltig denken.
Sie versuchen mit Ihrem Projekt „MObiL“, das Trampen in Märkisch-Oderland attraktiv zu machen. Warum?
Wir wollen die Mobilität im ländlichen Raum verbessern. Dafür muss man das Potenzial nutzen, das da ist – das ist die Grundidee. Der Individualverkehr muss eingebunden werden.
Wie ist die derzeitige Infrastruktur in Brandenburg?
Es gibt eigentlich kaum eine Versorgung durch den öffentlichen Nahverkehr. Die regionalen Busunternehmen sind nur dazu verpflichtet, den Schultransport zu organisieren – alles andere fällt hinten runter.
Wie sieht das konkret aus?
In unserem Dorf Reichenow gibt es neben dem Schultransport nur zwei Busse, die zu den nächsten Bahnhöfen fahren. Wenn ich aber ins Nachbardorf will, brauche ich mindestens dreieinhalb Stunden. Rein in die Stadt und raus ist nicht das Einzige, was wir brauchen.
Wie bewegen sich die Menschen in Reichenow fort?
Es gibt mehr Autos als Einwohner. Sprich: jeder hat eins. Aber es sitzt meist nur eine Person drin. Das muss sich ändern, man muss Fahrten besser bündeln.
Wie wollen Sie das machen?
Beim Projekt MObiL registriert man sich und bekommt einen Ausweis, mit dem man sich an die Straße stellt. Damit fordert man Autofahrer auf, einen auf einer gemeinsamen Strecke mitzunehmen. Es ist wie trampen, aber durch die beidseitige Registrierung wird mehr Sicherheit geschaffen.
Funktioniert das?
Viele finden die Idee zwar gut, aber sie schreckt ab, dass es nicht öffentlich organisiert ist. Oder sie machen es aus Angst nicht. Dabei wird das im Familienverbund bereits genauso praktiziert. Die Jugendlichen hier müssen immer von ihren Eltern irgendwo hingebracht werden. Die könnten dieses Angebot eigentlich gut nutzen.
Verraten Sie, wen Sie wählen?
Auf jeden Fall keine der regierenden Parteien.
INTERVIEW: JASMIN KALARICKAL