Die Super-Fahndungsdatei
: KOMMENTAR VON CHRISTIAN RATH

Ist es eine Strategie, dann ist sie effizient. Indem alle geplanten Verschärfungen von Sicherheitsgesetzen auf einmal vorgeschlagen werden, weiß die verunsicherte Öffentlichkeit gar nicht, wo sie mit der Kritik beginnen soll.

Drei Maßnahmen stechen aber aus der Menge heraus, weil sie wirklich Neuland betreten. Die Nutzung der biometrischen Passdaten und der Mautdaten für Fahndungszwecke sowie die Möglichkeit, private Computer heimlich via Internet zu „durchsuchen“. Hier wird nicht nur eine Befugnis der Landespolizeien auf das Bundeskriminalamt ausgeweitet, sondern die Sicherheitsbehörden sollen Zugriff auf Daten bekommen, die bisher tabu waren. Wirklich neu ist dabei nur die Forderung der Union, Fingerabdrücke und Lichtbilder auch bei den Passbehörden zu speichern. Eigentlich sollten sie nur verschlüsselt im Chip der neuen Reisepässe enthalten sein. Damit wäre zwar noch keine Bundesdatei aller Fingerabdrücke und Passfotos entstanden. Allerdings lassen sich in einer modernen Verwaltung dezentrale Dateien schnell zusammenschalten.

Für Fahnder ist das verlockend. Wenn sie am Tatort einen Fingerabdruck finden, konnten sie diesen bisher nur mit einer BKA-Datei abgleichen. In ihr sind die Fingerabdrücke von drei Millionen Personen enthalten, die erkennungsdienstlich behandelt wurden, die also bereits polizeilich aufgefallen sind und denen Straftaten zugetraut werden. Künftig wäre die Vergleichsgruppe dagegen viel größer: Betroffen wäre dann jeder Inhaber eines neuen Reisepasses.

Nun ist die Einführung von Methoden, mit denen Verbrechen aufgeklärt und verhütet werden können, immer diskussionswürdig. Wer sie reflexhaft ablehnt, macht es sich zu einfach. Die Dimension der geforderten Maßnahme erinnert aber stark an einen allmächtigen Kontrollstaat, der mit Hilfe von Gesichtserkennung und zahllosen Videokameras bald auch Bewegungsbilder aller Bürger erstellen könnte.

Leider haben wir bei den Mautdaten lernen müssen, dass alle Bekenntnisse, die Daten würden nur für eng begrenzte Abrechnungszwecke benutzt, nicht lange halten. Wenn deutsche Kriminalpolitiker beschwichtigen, kann man ihnen leider nicht mehr glauben.