„Wir brauchen auch eine Energiewende“

BRANDENBURG-WAHL Johannes Kapelle engagiert sich gegen den Braunkohletagebau – und hofft deshalb, dass die rot-rote Koalition in Potsdam an diesem Sonntag abgewählt wird. Denn er setzt auf Grüne und Union

■ 77, pensionierter Mathe-Lehrer, lebt seit 40 Jahren in Welzow. Bekannt als „Opa ohne Lobby“ durch seine Protestaktionen gegen den Kohletagebau Welzow II.

taz: Herr Kapelle, gehen Sie am Sonntag zur Wahl?

Johannes Kapelle: Ja, auf jeden Fall.

Was erwarten Sie von dieser Landtagswahl?

Ich erwarte, dass es mit Rot-Rot aufhört und dass endlich auch die Stimmen für die Energiewende mehr Geltung und Kraft bekommen. Es geht ja schließlich um die Sicherheit der Menschen. Das, was die Regierung die letzten Jahre gemacht hat, hat nichts mit Zukunftsorientierung zu tun.

Wieso?

Man muss sich nur die Situation in unserer Gegend in Welzow anschauen. Wenn ich sehe, wie die Region hier, in der seit 50 bis 60 Jahren Bergbau betrieben wird, aussieht, mit Erdrutschen und Einbrüchen, dann ist die Frage nach der Sicherheit der Menschen sehr kritisch zu betrachten. Sie müssen sich vorstellen: Im gesamten Gebiet hier sind über 36.000 Hektar gesperrt. Dass man hier Dörfer abreißt für die Braunkohle gefährdet die Stabilität unserer Böden und Flächen. Ich weiß gar nicht, was ich hier zuerst nennen müsste. Hier werden Seen gesperrt und Dörfer umgesiedelt, und es findet kein Ende.

Was sind ansonsten noch die Probleme Brandenburgs?

In Brandenburg ist es leider so, dass viele Maßnahmen zwar ergriffen, jedoch nicht durchgesetzt werden. Beispielsweise hatten wir im Bildungsbereich nach der Wende viele gute Ansätze. Heute ist jedoch alles versteift und unbeweglich. Beamten des Landes haben nicht das Gefühl für die Gegenden des Landes, beispielsweise auch in Welzow. Es findet ein zu großes Auf und Ab ohne Kontinuität statt, was sich für mich als ehemaligen Mathematiklehrer besonders in diesem Fach zeigt.

Und wen wählen Sie jetzt?

Ich wähle mit der Erststimme die Kandidatin der Grünen, Hannelore Wodtke. Meine Zweitstimme geht an meine Stammpartei, die CDU. Sie hat sich vor allem in der letzten Zeit, vor allem in Fragen der Energiewende, gut entwickelt. Von Rot-Rot kamen vor allem zum Thema Energiewende nur leere Versprechungen, wie man am Beispiel des geplanten neuen Tagebaus Welzow II sieht. INTERVIEW: GIL SHOHAT