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Archiv-Artikel

Blühende Geschäfte

ROSEN 320 Millionen Stück gingen im letzten Jahr fair über bundesdeutsche Ladentische. Das ist ein Marktanteil von 24 Prozent

VON JAKOB GRASSER

Das Unternehmen Karen Roses ist eines der großen im Business. Auf sechs Farmen in Kenia bauen 1.200 Arbeiter Rosen an, ein großer Teil geht nach Deutschland. Ein Ausbeuterbetrieb? Ganz im Gegenteil. Grace Mwangi gehört zu den Beschäftigten von Karen Roses und ist sehr glücklich über ihre Anstellung. Die junge alleinerziehende Mutter verdient genug, um ihre beiden Kinder zu versorgen. Während sie auf den Plantagen arbeitet, sitzen ihre beiden Kinder auf der Schulbank. Die relativ gute Bezahlung und die Tatsache, dass es in ihrer Ortschaft überhaupt eine Schule gibt, ist dem fairen Handel mit den Rosen zu verdanken.

320 Millionen Fair Trade Rosen gingen 2013 über bundesdeutsche Ladentische. Das entspricht einem Marktanteil von 24 Prozent und macht Rosen zum erfolgreichsten Fair-Trade-Produkt in Deutschland.

Das Fair-Trade-Siegel vergibt in Deutschland der Verein TransFair. Er ist Teil des Verbunds Fair Trade International, dem 24 Länder angehören. Um das Siegel zu erhalten, müssen die Blumenproduzenten Vorgaben in den Bereichen Arbeitssicherheit und Arbeitnehmerrechte erfüllen. Diese verbindlichen Voraussetzungen sind im sogenannten Hired Labour Standard festgelegt. So müssen die Produzenten von Fair-Trade-Gütern ihren Beschäftigen feste Arbeitsverträge ausstellen und existenzsichernde Löhne zahlen. Sie müssen die Arbeiter mit anständiger Schutzkleidung ausstatten, wenn diese zum Beispiel mit Pestiziden arbeiten. Versammlungsfreiheit der Arbeiter und bezahlter Mutterschutzurlaub gehören auch zu den Vorrausetzungen für ein Fair-Trade-Zertifikat.

Fair-Trade-Rosen unterscheiden sich von normalen Rosen auch in der Preisbildung. Der Großteil der nach Deutschland importierten Rosen stammt aus Blumenfarmen in Kenia, Äthiopien, Ecuador und Kolumbien. Allerdings machen die meisten Blumen erst Zwischenstopp in den Niederlanden, bevor sie in deutschen Läden ankommen. Auf den dortigen Blumenbörsen ersteigern die Händler Rosen zu Preisen, die manchmal nur die reinen Herstellungskosten in den Produzentenländern decken. Fair-Trade-Rosen kaufen die Händler direkt von den Produzenten. Ohne Zwischenhändler kommt mehr Geld bei den Produzenten an. Der von Händlern und Produzenten ausgehandelte Preis ist von den Schwankungen der Blumenauktionen unabhängig und liegt in der Regel über dem Durchschnitt.

Außerdem zahlen die Importeure von Fair-Trade-Rosen einen Aufschlag von 10 Prozent auf den Einkaufspreis. Diese sogenannte Fair-Trade-Prämie kommt der Förderung sozialer Projekte wie zum Beispiel Schulen oder HIV-Beratungsstellen zugute. Für welche Projekte genau? Das entscheiden die Beschäftigten auf Fair-Trade-Rosenfarmen in aller Welt selbst. Die Beschäftigten wählen dazu Vertreter in ein Komitee, das das Geld verwaltet. Nach neuen Fair-Trade-Standards darf das Management der Blumenfarm nur noch in die Entscheidungen des Prämien-Komitees eingreifen, wenn das Komitee geschäftsschädigende oder illegale Projekte beschließt. Zuvor entschied ein Komitee aus Vertretern des Managements und der Arbeiter gemeinsam über die Verwendung der Fair-Trade-Prämie.

Gemeinnützige, langfristige Projekte verbessern die Lebensbedingungen der Ortsansässigen nachhaltig. In der Blumenindustrie sind aber auch viele Wanderarbeiter tätig. Ihnen nützen Schulen und Bibliotheken in der Ortschaft wenig. Daher darf das Prämien-Komitee nach neuen Regelungen auch bis zu 50 Prozent der Prämie direkt an die Arbeiter auszahlen.

Wer sich beim Kauf von Rosen aus äquatornahen Ländern Sorgen um seinen CO2-Fußabdruck macht, darf beruhigt sein. Dank des warmen Klimas müssen die Gewächshäuser weniger beheizt werden als in Europa. Eine Rose aus Kenia verbraucht trotz Flug weniger Energie als eine in Europa gezogene Rose. Umweltschonender Anbau gehört auch zu den Richtlinien, die Fair-Trade-Rosenfarmen wie Karen Roses in Kenia erfüllen müssen. Die Gewächshäuser von Karen Roses arbeiten mit einem in sich geschlossenen Wassersystem. So spart der Rosenanbau Wasser und die Umwelt wird nicht mit Pestiziden belastet.