: Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag (BER)
Entwicklungshilfe für die Berliner Entwicklungszusammenarbeit: Der BER vernetzt und vertritt entwicklungspolitische Organisationen und Initiativen
„Andere zu entwickeln“ hört sich nicht nur doof an. Besser ist, wenn Entwicklung bei einem selbst beginnt. Mit diesem entwicklungspolitischen Ansatz legt der Berliner Entwicklungspolitische Ratschlag (BER) seinen Schwerpunkt dementsprechend auf Inlandsarbeit, wobei er sich auf die Themen Migration, Kolonialismus, faires Wirtschaften und Antirassismus konzentriert.
Das Netzwerk wurde vor 15 Jahren gegründet und wird von vier hauptamtlichen Mitarbeitern gewuppt. Heute sind es 80 Mitgliedsgruppen, von kleinen Basisgruppen, wie Mama Afrika e. V. oder der Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt, bis hin zu Oxfam und Germanwatch.
Der Fokus liegt darauf, die Anliegen der entwicklungspolitischen Bewegung strukturell zu stärken, sowohl durch Vermittlungsarbeit unter den vielen Basisgruppen innerhalb des Netzwerkes als auch durch eine starke Repräsentation ihrer Interessen gegenüber der Politik. So hat das Netzwerk eine Scharnierfunktion. Einerseits berät es Gruppen und gibt ihnen Werkzeuge in die Hand, um sich zu organisieren – etwa um Kampagnen zu starten oder einen Verein zu gründen. Dazu gehört auch, den Austausch unter den jeweiligen ExpertInnen zu fördern. Andererseits versucht BER die Anliegen seiner Mitglieder mit voller Kraft in die Landespolitik einzubringen. Die offenen entwicklungspolitischen Treffen, die jeden ersten Mittwoch im Monat stattfinden, sind zu einer Institution in Berlin geworden.
„Spaß macht die Arbeit, wenn man Erfolge erzielt“, sagt Alexander, der Koordinator des Netzwerkes. Beispielsweise wurden die Mittel des Landes für entwicklungspolitische Projekte für die Jahre 2010/2011 verdoppelt. Eine zentrale Forderung, mit deren Verwirklichung unter anderem entwicklungspolitische Bildungsarbeit an Schulen angeboten werden kann. Das Netzwerk veröffentlicht für solche Bildungsangebote eine Empfehlungsliste von Organisationen. Daran können sich die Schulen orientieren, um zu wissen, wer bei Kindern und Jugendlichen die Faszination für Perspektiven aus aller Welt wecken kann und dabei einen kritisch-selbstreflektierten Blick vermittelt. „Das Bild, dass manche Kinder nach einem 10-tägigen Workshop von Mexiko malen, hatte völlig andere Symbole, als am ersten Tag“, berichtet Katharina, eine Praktikantin beim BER. So wird versucht, Bewusstseinsveränderungen „messbar“ zu machen. Gerade das Feld der Entwicklungszusammenarbeit ist anfällig für Rassismus, da viele mit gutem Willen, aber wenig Reflexion in die Welt gehen, um anderen zu helfen. „Da werden manchmal Bilder eines ‚Anderen‘ gepflegt, die mit der Realität nichts zu tun haben“, sagt Alexander. Der BER hat nun eine Checkliste veröffentlicht, womit er Gruppen und Organisationen ein Mittel an die Hand gibt, die eigene Öffentlichkeitsarbeit auf rassistische Bilder hin zu überprüfen.
Im Rahmen des Themenschwerpunktes Migration ist auch das Projekt moveGLOBAL entstanden. „move“ steht für MigrantInnen-orientieres, vernetztes Empowern. Im Endeffekt geht es aber darum, dass Menschen mit „migrantisch-diasporischem Hintergrund“, wie sie es nennen, sich stärker in die Welt der Entwicklungszusammenarbeit einbringen. Also die Machtverhältnisse eines vorwiegend weißen und europäischen Feldes verändern und fehlende Perspektiven einbringen. Der BER bietet daher Organisations- und Kampagnenberatung speziell für „MDOs“ an, für migrantisch-diasporische Organisationen in der Entwicklungszusammenarbeit.
Koloniale Verhältnisse wurden in Berlin einmal bewusst wahrgenommen und nachvollziehbar gemacht, als 2010 das Gröbenufer in Kreuzberg in May-Ayim-Ufer umbenannt wurde. Anstelle eines Kolonialherren wird dort nun eine Dichterin, Pädagogin und Aktivistin der afrodeutschen Bewegung geehrt. Die Liste von Straßen in Berlin mit positivem Bezug zum Kolonialismus ist lang. Einige Mitgliedsgruppen des BER arbeiten an weiteren Umbenennungen.
Ein weiteres Ziel für die entwicklungspolitische Szene in Berlin ist die Einrichtung eines Eine-Welt-Hauses. Die Konzepte sind schon ausgearbeitet. „Ein fester Ort würde dem Bestreben, Berlin zu entwickeln, weitere Dynamik verleihen“, davon ist Alexander überzeugt.
Das breite Spektrum der Aktivitäten spiegelt sich in der Vielfalt der Mitgliedsgruppen wider. Wer sich an einzelnen Projekten beteiligen möchte, wird vom Netzwerk an eine passende Organisation weitervermittelt. Natürlich sind auch neue Initiativen immer willkommen. Am besten ist es, zuerst einmal an einem der monatlichen Treffen im Haus der Demokratie und Menschenrechte teilzunehmen.
JEAN PETERS
■ Im Netz: www.ber-ev.de