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Archiv-Artikel

„Numerus Clausus muss hinterfragt werden“

Nicht die Studiengebühren sind Schuld an sinkenden Studizahlen, sagt CDU-Hochschulexperte Michael Brinkmeier

MICHAEL BRINKMEIER, 39, ist hochschulpolitischer Sprecher der CDU im Landtag. Vor 2000 war er Unternehmensberater.

taz: Herr Brinkmeier, die Zahl der StudienanfängerInnen geht zurück. Schrecken die Studiengebühren ab?

Michael Brinkmeier: Wir müssen abwarten, wie sich Zahlen entwickeln, weil die Einschreibephase für das Sommersemester noch nicht ganz zu Ende ist. Wenn der Trend stimmt, ist die Ursache dafür der Numerus Clausus, den viele Hochschulen verschärft haben. Dies muss hinterfragt werden.

Fakt ist, dass die Zahlen aktuell sinken. Brauchen wir für die Wirtschaft nicht mehr Studierende als weniger?

Wir wollen erreichen, dass mehr Studierende ihr Studium erfolgreich abschließen. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist der Anteil der Hochschulabsolventen in Deutschland gering. Ich gehe davon aus, dass die Zahlen in NRW mittelfristig steigen werden.

Was stimmt Sie so optimistisch?

Wir werden die Verbesserung der Lehre an den Hochschulen vorantreiben. Die Studienbeiträge müssen in die Lehre fließen. Ich bin mir sehr sicher, dass die Studienbedingungen an den NRW-Hochschulen deutlich besser sein werden als an den anderen Hochschulen in Deutschland, wo diese Beiträge nicht erhoben werden. Mittelfristig wird es attraktiv sein, an den Hochschulen in NRW zu studieren.

So attraktiv, dass die zusätzlichen 26.000 Plätze, die der Hochschulpakt bis 2010 vorsieht, ausgefüllt werden?

Ich habe keine Sorge, dass sie nicht ausgefüllt werden. Die Momentaufnahme sagt nichts darüber aus, wie die Zahlen sich in Zukunft entwickeln.

Wenn Abiturienten nicht studieren, nehmen sie dann nicht den RealschülerInnen und HauptschülerInnen Lehrstellen weg?

Das ist die Argumentation, die klassisch von der Linken aufgezogen wird. Wenn Schulabgänger mit Abitur es attraktiver finden, sich eine Arbeitsstelle zu suchen, ist das auch okay. Es geht darum, dass allen jungen Menschen Chancen für eine gute Ausbildung eröffnet werden.

Es ist aber keine linke Theorie, dass Lehrstellen heute schon knapp sind.

In Ostwestfalen-Lippe, wo ich herkomme, hat die Wirtschaft in diesem Jahr schon sieben Prozent mehr Lehrstellen angeboten als im Vorjahr. Es ist aber auch so: Viele Handwerksmeister sagen, dass die Bewerber nicht genügend Lesen und Schreiben gelernt haben. Das Problem ist nicht, dass Abiturienten den anderen Stellen wegnehmen, sondern die Bildung an sich.

Zurück zu den Studiengebühren. Wenn die Studierenden-Zahlen weiter sinken, werden Sie dann den Hochschulen raten, die Studiengebühren zu senken?

Hochschulen dürfen nur Beiträge erheben, wenn sie nachweisbar die Studienbedingungen verbessern. Sollten sie das nicht tun, dann müssen die Studierenden das lauthals artikulieren. Da die Hochschulen aber autonom sind, werden wir uns als Gesetzgeber heraushalten.

INTERVIEW: NATALIE WIESMANN