Tabu-Bruch für den Hafenboom

Die Hamburger Logistik-Branche wirbt mit angeblich 14.000 Jobs um qualifizierte Arbeitskräfte. Selbst die Agentur für Arbeit reaktiviert Bildungsträger für die Umschulung von Langzeitarbeitslosen

VON KAI VON APPEN

Der Tote im Hof der Spedition im „Tatort“-Krimi, der Hamburger Zollfahnder Zaluskowski in der TV-Serie „Schwarz, Rot, Gold“ stets auf der Jagd nach Schmugglern, Menschenhändlern und Organisierter Kriminalität: Das Speditionsgewerbe sei lange für das Berufsbild „Kaufleute“ mit einem „anrüchigen Image“ behaftet gewesen, räumt Kurt-Jürgen Schimmelpfeng vom Speditions- und Logistikverband ein. Doch diese Vorbehalte müssten endlich beseitigt sein. Denn die Branche boomt und anders als bei Versicherungen und Banken biete sie Job-Perspektiven.

So sieht es auch Karl-Heinz Klemann, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit in Hamburg. Er macht keinen Hehl daraus, dass 2001 politisch ein Paradigmenwechsel in der Umschulung stattgefunden hat: „Es wird seither sehr genau auf den wirtschaftlichen Erfolg geguckt.“

Doch laut Klemann hat sich die Logistik-Branche so entwickelt, dass die Agentur sogar mit einem Tabu bricht: Sie investiert in Umschulungen für Langzeitarbeitslose und reaktiviert Bildungsträger wie die Grone-Schule. „Allein 2006 sind 1.500 Logistikjobs in Hamburg entstanden“, sagt er. „Bis 2015 werden weitere 14.000 Jobs dazukommen.“ Da die Übernahmequote auf einen festen Arbeitsplatz nach einer Umschulung bei 80 Prozent liege, könne eine Förderung vertreten werden.

So wie bei Markus L. (32). Er absolvierte eine Lehre als Heizungsinstallateur, doch der Betrieb machte vor der Abschlussprüfung pleite. Markus L. „jobbte mal hier und da“ und war zwei Jahre arbeitslos. Dann sei er 2001 in den „letzten Schwung“ der Umschulungen gekommen und habe eine Ausbildung als „Speditionskaufmann“ bei der Grone-Schule absolviert – 21 Monate vom Arbeitsamt gefördert. Die Umschulung findet in Kooperation mit einem Betrieb statt, in seinem Fall war es die Spedition Seabridge in der Hafencity – zwei Tage Theorie bei Grone, drei Tage Praxis in der Spedition. L. ist nach der Ausbildung übernommen worden, inzwischen hat er den „Verkehrsfachwirt“ gemacht.

„Durch Umschulung qualifizierte Mitarbeiter schätzen wir nicht minder als unsere eigenen Auszubildenden“, sagt Seabridge-Geschäftsführer Ingo Fössleitner. In der Branche gebe es wegen des Booms „keine Benachteiligung“, fügt Schimmelpfeng hinzu: Ob Mann, Frau, jung oder alt, spiele keine Rolle, selbst für Mütter gebe es großzügige Teilzeitlösungen. Schimmelpfeng: „Die Zeiten, wo Mitarbeiter in den Vorruhestand geschickt wurden, sind vorbei. Wir holen sie eher zurück.“