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Archiv-Artikel

„Er war ein Gegner des NS-Regimes“

Auszüge aus der Trauerrede für Hans Filbinger, die Günther Oettinger am Mittwoch in Freiburg gehalten hat

„Anders als in einigen Nachrufen zu lesen, gilt es festzuhalten: Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes. Allerdings konnte er sich den Zwängen des Regimes ebenso wenig entziehen wie Millionen andere. Wenn wir als Nachgeborene über Soldaten von damals urteilen, dann dürfen wir nie vergessen: Die Menschen lebten damals unter einer brutalen und schlimmen Diktatur!

Hans Filbinger wurde – gegen seinen Willen – zum Ende des Krieges als Marinerichter nach Norwegen abkommandiert. Er musste sich wegen seiner Beteiligung an Verfahren der Militärjustiz immer wieder gegen Anschuldigungen erwehren. Es bleibt festzuhalten: Es gibt kein Urteil von Hans Filbinger, durch das ein Mensch sein Leben verloren hätte. Und bei den Urteilen, die ihm angelastet werden, hatte er entweder nicht die Entscheidungsmacht oder aber nicht die Entscheidungsfreiheit, die viele ihm unterstellen.

Hans Filbinger hat mindestens zwei Soldaten das Leben gerettet: Einer von ihnen, Guido Forstmeier, weilt noch heute unter uns und kann bezeugen, dass sich Filbinger dabei großer Gefahr ausgesetzt hat.

[…] Hans Filbinger war bereits in jungen Jahren von jenem Denken getragen, das später den Aufbau Baden-Württembergs, aber auch Deutschlands im Ganzen ermöglicht hat.

Welches Denken meine ich dabei?

Er kam bereits in den Jahren der Weimarer Zeit zu der Überzeugung, dass der Totalitarismus von rechts und auch von links nur verhindert oder überwunden werden kann, wenn sich die Deutschen wieder auf die Traditionen der christlich-bürgerlichen Kultur besinnen. […]

Filbinger hat deshalb den Nationalsozialismus immer verachtet. Die Weltanschauung war für jemanden wie ihn, der aus einem katholischen Elternhaus stammte und der sich als gläubiger Christ verstand, schlichtweg unerträglich. Hans Filbinger hat aus diesem Glauben heraus gehandelt und in der Zeit des Nationalsozialismus großen Mut bewiesen:

– Er hat im katholischen Schülerbund „Neudeutschland“ mitgewirkt;

– er hat als Leiter des Bezirks Nordbaden die Gleichschaltung mit der Hitlerjugend bekämpft;

– er hat seine Kommilitonen zur Standhaftigkeit gegen die NS-Vertreter aufgerufen;

– er wurde dafür von den Nazis auf die schwarze Liste der Regimegegner gesetzt. […]

Schon zwei Jahre vor dem Krieg ging Hans Filbinger in den Kreis um den berühmten katholischen Publizisten Karl Färber und den Dichter Reinhold Schneider, die sich in erklärter Gegnerschaft zum Regime befanden. Freunden und Verwandten hat er oft erzählt, wie prägend dieser Freiburger Kreis für ihn gewesen ist und wie viel er ihm verdanke. […]

All dies zeigt: Hans Filbinger war bereits in jungen Jahren von einem christlich-freiheitlichen Geist geprägt.