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: Friede für Friedhelm

Niemand würde Frankfurts Funkel den Abstieg gönnen. Das ist wirklich bemerkenswert in diesem Geschäft

Am Wochenende, nach dem 4:2-Erfolg beim Konkurrenten Arminia Bielefeld, ging ein Raunen durch den Frankfurter Fanblock, Es klang nach Erleichterung. Es fand seinen Widerhall in der ganzen Republik. Ein paar dieser Menschen schauten dabei auf den Mann an der Frankfurter Bande, und ihm galt sehr viel Beifall. Denn es gibt wohl niemanden, der Friedhelm Funkel, dem Coach der Frankfurter, den Abstieg gönnen würde, was in diesem Geschäft, das missgünstig ist wie jedes andere auch, schon eine bemerkenswerte Sache ist.

Ein paar Dinge nämlich sprechen ganz eindeutig für den Frankfurter Coach. Er ist einer, der auf Kontinuität setzt. Nervosität ist ihm, weitestgehend, fremd. Er hat eine Vorstellung von Fußball und legt nicht alles blindlings auf ein einziges System aus. Der Mann ist flexibel. Funkel mag das Kurzpassspiel. Würde er über die entsprechenden Kicker verfügen, dann wäre es vermutlich Tempofußball mit nur einem einzigen Ballkontakt, ehe es zum Mitspieler geht. Er weiß, wie er ein Team defensiv aufstellen muss. Gegen die Bayern perfektionierte er für die Dauer von 90 Minuten den Doppelriegel altitalienischer Prägung in einer zeitgenössischen Variante. Das Ergebnis, 1:0 für die Eintracht, konnte sich sehen lassen, das Spiel nicht.

Liegt es vielleicht daran, dass Funkel das Haushalten mit bescheidenen Kräften gewohnt ist? Er trainierte Köln, er trainierte Duisburg, und in beiden Städten erlebte er, wie es ist, mit strengen Limitierungen im Etat zu arbeiten. Es gibt Menschen, die sagen, mit Funkels Rauswurf in Köln habe der Klub den eigenen Niedergang eingeläutet. In Frankfurt gelten die Lokalmatadoren als Helden. Denn die Eintracht, auf den ersten Blick ein Riese im Tiefschlaf, ist noch immer in jener Phase, die sich Konsolidierung schimpft. Es ist der Job von Heribert Bruchhagen, dem Vorstandschef, und bisher läuft es blendend. Der Verein ist gut geführt, schuldenfrei und hat dank der WM ein modernes Stadion, das zu den schöneren in Deutschland zählt. Das alles hat wenig gemeinsam mit der Vergangenheit, die wahlweise als strahlend, glamourös, chaotisch und ruinös beschrieben wird. Ihren Beinamen der launischen Diva erhielt die Eintracht nicht von ungefähr. Es war in den Neunzigerjahren, als der beste Fußball Deutschlands in Frankfurt gespielt wurde. 1996, als Trainer Jupp Heynckes sich mit ein paar der Hochveranlagten überwarf, begann der Abschwung im Frankfurter Treibhausklima. Trainer und Spielklasse wurden mehrfach gewechselt. 2005 gelang Frankfurt erneut der Aufstieg – mit Funkel. Funkel und Bruchagen stehen für ein grundsolides Konzept: Es heißt Sicherung vor Wagnis. Den Klassenerhalt dürfte Funkel erreichen. Die dringliche Frage ist dann: Was geschieht auf lange Sicht? STEFAN OSTERHAUS