: Der Briefwechsel
Nirgendwo verbringen Kinder tagsüber mehr Zeit. Die Schule ist eine Institution, in der nicht nur Wissen vermittelt wird. Hier beginnen Lebensläufe genauso wie Freundschaften fürs Leben. Was denken SchülerInnen über Lehrer, Mitschüler, Lehrpläne, Reformen und Verbote? Was meinen LehrerInnen dazu? An dieser Stelle erscheint in loser Folge ein Austausch zwischen SchülerInnen und LehrerInnen. Lust aufs Briefeschreiben? bildung@taz.de
DIE FRAGE
Echt fies, oder?
Haben Lehrer in ihrem Unterricht mal wieder etwas besonders gut oder besonders schlecht gemacht, wird über sie geredet. Das kann auch mal positiv sein. Oft aber werden Lehrer unter den Schülern sehr stark kritisiert.
Ich bekomme häufig mit, wie Mitschüler über Lehrer reden, und das ist in vielen Fällen auch richtig fies. Dann überlege ich, ob dieses Gerede von Schülern an den Lehrern einfach so vorbeigeht. Mir würde es sehr schwer fallen, mit so harter Kritik umzugehen.
Man sagt, aus Fehlern lernt man. Das ist in den meisten Fällen richtig, und wenn die Kritik konstruktiv ist, hilft sie einem auch oder wirkt sogar aufbauend. Doch manchmal ist Kritik verletzend und niederschmetternd. Damit umzugehen finde ich schwierig.
Ich frage mich also, ob und wie Lehrer es schaffen, über verletzenden Äußerungen zu stehen und sich die harte Kritik nicht so sehr zu Herzen zu nehmen. Bekommen sie das überhaupt mit? Und denken sie dann genauer drüber nach und überlegen, was sie anders machen können? Dann müssten sie sich ja ständig verändern.
Lea Pagels ist Schülerin in Berlin.
DIE ANTWORT
Kritik gehört einfach dazu!
Oft sind Schüler zum Glück mutig genug, uns direkt zu kritisieren. In der Regel aus zwei Gründen: Zum einen üben Schüler Kritik an Noten. Vor dem Hintergrund, dass ich Schüler am liebsten gar nicht benoten würde, nervt mich solche Kritik meistens.
Zum anderen kritisieren Schüler den Unterricht. Oft fühlen sich die Lehrer auch persönlich angegriffen, weil es um ihre Lehrerpersönlichkeit geht. Eigentlich sollte Schülerkritik am Unterricht aber selbstverständlich sein, denn: Lehrer kritisieren die Schüler ja auch ständig – jede Note ist eine Form der Kritik – und haben wenig Verständnis dafür, wenn Schüler beleidigt reagieren.
Aus diesem Grund müssen Lehrer offen für Kritik sein, selbst wenn sie zunächst als belastend empfunden wird. Aber klar: Lehrer sind auch nur Menschen. Und niemand hört sich gern vorwurfsvolle Kritik an.
Als Lehrer sollte man ein Vorbild sein und den Schülern zeigen, wie man mit Kritik umgeht: Zunächst hört man wirklich zu und denkt anschließend darüber nach, ob der andere nicht vielleicht Recht hat. Und nachdem man über die geäußerte Kritik nachgedacht hat, sucht man das Gespräch.
Wenn ein Lehrer Schülerkritik nicht einfach abbügelt, kann das äußerst fruchtbar und im Endeffekt auch „aufbauend“ sein, weil sich langfristig das Klima in der Klasse verbessert. Egal ob Kritik als belastend oder aufbauend empfunden wird: Sie ist unerlässlich und gehört zum Beruf dazu!
Übrigens: Wie Lehrer sich hin und wieder im Lehrerzimmer über Schüler äußern, das willst du mit Sicherheit nicht wissen …
Arne Ulbricht (41) unterrichtet an einem Berufskolleg in Nordrhein-Westfalen.