: Eingriffe in die Keimbahn durch die Hintertür
EU-Parlamentarier streiten über Verbote von Manipulationen der menschlichen Keimbahn und die Herstellung von Mensch-Tier-Chimären
Eine europäische Verordnung über „Arzneimittel für neuartige Therapien“ könnte zum Türöffner für bisher aus bioethischen Gründen nicht zulässige Produkte werden. Geregelt werden soll mit der von der EU-Kommission vorgelegten Verordnung, die nächste Woche im Europaparlament zur Abstimmung ansteht, ein einheitliches, EU-weites Zulassungsverfahren für medizinische Produkte, die durch Gentherapien, Stammzellen oder Zellkulturtechniken gewonnen wurden. Derartige Therapien sind derzeit weder durch das Arzneimittelrecht noch als Medizinprodukt geregelt. Grundsätzliche Einwände gegen die Regelung dieser Produkte gibt es nicht. Auf harsche Kritik stößt vielmehr, dass die Verordnung auch Verfahren und Methoden umfasst, die bisher in der EU nicht erlaubt sind. So ist in den Verordnungsentwurf weder ein eindeutiges Verbot für Eingriffe in die menschliche Keimbahn noch für die Herstellung von Zwitterwesen aus Mensch und Tier zu finden. Auch das in anderen Gesetzen und internationalen Vereinbarungen niedergelegte Verbot des kommerziellen Handels mit menschlichen Köperteilen findet in der Verordnung keinen Niederschlag.
„Die bevorstehende Abstimmung im EU-Parlament ist eine bioethische Nagelprobe“, sagt die Europaabgeordnete der Grünen, Hiltrud Breyer. Sie fordert, dass in der Verordnung ein klares Verbot ethisch umstrittene Methoden festgeschrieben wird.
Zuvor schon war der Versuch gescheitert, zwischen EU-Kommission, Parlament und Ministerrat eine Einigung herbeizuführen. Breyer macht „das bei den Verhandlungen zwischen EU-Parlament und Kommission federführende deutsche Gesundheitsministerium“ dafür verantwortlich. Es habe „gezielt verhindert“, dass „klare Verbote“ in die Verordnung aufgenommen werden. Dabei gebe es bei diesen drei Punkten in der EU bisher einen Konsens. Entsprechende Verbote seien unter anderem in der „EU-Grundrechtscharta, der Biopatentrichtlinie und auch dem 7. Forschungsrahmenprogramm“ zu finden.
Unterstützung findet Breyer auch bei Unionsabgeordneten. „Prinzipien, über die man sich bisher in Europe einig war“, müssten auch in der Verordnung abgesichert werden, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung mehrerer CDU-Politiker, unter anderem dem Europaabgeordneten Dieter Liese und dem Vizevorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion Wolfgang Zöllner.
WOLFGANG LÖHR