: Ende einer Durststrecke
PARTY Hannover 96 feiert die Qualifikation für die Europa League, als wäre es die Meisterschaft
Erstaunlich, wie sich die Szenen gleichen. Einerseits jene aus Dortmund, wo Spieler und Trainer am Samstag nach Abpfiff die Meisterschaft in der Fußball-Bundesliga mit Bierduschen feierten. Andererseits jene aus Hannover, wo nach dem 3:1-Heimsieg gegen Nürnberg am Samstag in der AWD-Arena mit Sektduschen gefeiert wurde, dass das Team als Tabellen-Vierter die Qualifikation für die Europa League geschafft hat.
Dass Hannover wie ein Meister feiert, zeigt, wie gut Erfolg tut – dem Verein und der Stadt. „Auf nach Europa“ steht auf den T-Shirts und auf dem Einkaufzentrum neben dem Bahnhof steht: „Nun kommt Europa an die Leine“. Zwar kennt vermutlich schon hinter Salzgitter niemand mehr den durch Hannover fließenden Fluss Leine – aber das Wortspiel ist trotzdem toll. Auch wenn die Leute vom Einkaufszentrum eines vielleicht noch nicht wissen: Das Team kann zufrieden sein, wenn es von der europäischen Bühne nicht als geprügelter Hund wiederkommt.
Zumal sich die Einnahmesituation durch die Qualifikation nicht entscheidend verbessert. Durch den vierten Platz in der Bundesliga hat sich 96 für die Play-Off-Runde der Europa League qualifiziert und bekommt damit vorneweg ein Startgeld in Höhe von einer Million Euro. Alle weiteren Einnahmen sind vom sportlichen Erfolg abhängig. Hannovers Sportdirektor Jörg Schmadtke rechnet insgesamt lediglich mit rund zwei Millionen Euro. Und auf die Frage nach der Zielsetzung für die Bundesliga sagte Trainer Mirko Slomka: „Langfristig unter die ersten zehn.“
Um die Euphorie zu verstehen, muss man in die Vergangenheit schauen: Hannover hat seit 19 Jahren nicht mehr an einem Europapokal-Wettbewerb teilgenommen, wäre vergangene Saison fast abgestiegen und hat sich den vierten Platz Dank einer bemerkenswerten Mannschaftsleistung redlich verdient – selbst aus Sicht der Liga-Konkurrenten. „Nach der Ebbe kommt die Flut …“ stand auf einem der Plakte in der Fankurve. Über die Intensität der Flut sagt das nichts, aus wohl aber darüber, dass die Ebbe lang und schrecklich war.
Derweil schnappte sich Slomka nach Abpfiff das Stadion-Mikrofon und sang mit leicht dissonanter Färbung: „Europapokal! Europapokal!“ Und Innenverteidiger Karim Haggui bewies hinter dem Schlagzeug auf der Stadion-Bühne, dass Timing im Fußball und Timing in der Musik dann doch zwei Paar Stiefel sind. Aber man kann auch nicht alles haben. KLAUS IRLER