heute in bremen : Rettet den Scheerkohl
Ein altes Bremer Gemüse kredenzt der Slow Food-Anhänger und Markthändler Gernot Riedl
taz: Herr Riedl, Sie werben für Scheerkohl. Was ist so besonders an dem Grünzeug?
Gernot Riedl, Leiter von Slow Food Bremen und Öko-Markthändler: Das ist ein typisches Bremer Produkt, das kaum noch angebaut wird. Nur ältere Leute erinnern sich daran. Das war ja damals das erste frische Gemüse, was nach dem Winter auf den Tisch kam, weil es bis in die 60er Jahre hinein keinen Kühlschrank gab. Die Leute waren heilfroh, wenn sie den ollen Winterkram nicht mehr essen mussten. Heute gibt es Tiefkühlgemüse und Tomaten das ganze Jahr.
Und was macht man mit dem Scheerkohl?
Traditionell wurde der wie Grünkohl zubereitet, was eine gruselige Vorstellung ist. Der ist so zart, den kann man nicht anderthalb Stunden kochen, da bleibt nur noch Brei. Wir bieten heute Lasagne an und ein Scheerkohl-Pesto. Suppe geht natürlich auch gut. Ganz hervorragend eignet sich der Scheerkohl, der übrigens kein Kohl-, sondern ein Rapsgewächs ist, als Salat. Frag‘ mich nicht, warum die nicht früher auf die Idee gekommen sind. Vielleicht liegt das an dieser calvinistischen Küchentradition in Bremen. Essen ist hier ja nichts weiter als den Magen vollkriegen, damit man wieder arbeiten kann. Das gibt es heute auch noch, dass die Leute sagen, warum soll ich Kräuter an den Salat schmeißen, kostet ja nur Geld.
Und er schmeckt wie?
Zart, mild, süßlich, irgendwo zwischen Kohlrabi und Weißkohl. Schwer zu sagen. Muss man essen. Interview: Eiken Bruhn
10 bis 15 Uhr auf dem Domshof (Alex)