: Ein Opfer gekränkter Eitelkeit
PROZESS Nach dem Mord an einem Türsteher im Soda-Club stehen drei Tatverdächtige vor Gericht
Sie prügelten sich vor dem „Soda Club“, weil die Türsteher die Hells Angels nicht einlassen wollten. Die Türsteher gewannen. Zwei Wochen später, am 1. September vorigen Jahres, starb einer von ihnen an seinem Arbeitsplatz. Der 39-jährige Sebastian K., genannt „Locke“, verblutete, nachdem ihn eine Kugel in den Unterleib getroffen hatte.
Monatelang recherchierte die Polizei im Rockermilieu, bis sie einen von ihnen wegen eines anderen Mordes verhaftete. Kassra Z. nannte die Namen der drei mutmaßlichen „Locke“-Mörder. Die saßen nun am Mittwoch vor dem Berliner Schwurgericht. Alle drei mit geschorenem Haar und bis über die Halskrause tätowiert.
Die Staatsanwältin verlas vier Anklagen. Rene P. soll den Türsteher an jenem Sonntag um halb sechs Uhr morgens erschossen haben, während Dennis S. sicherte und Thomas F. am Steuer des Fluchtautos wartete. Die Anklägerin sprach davon, dass weder die Täter noch ihr Opfer in die dem Mord vorausgegangene Prügelei verwickelt gewesen waren. Es sei ihnen lediglich darum gegangen, Ansehen in der Szene zu gewinnen, indem sie die erlittene Kränkung anderer Rocker rächten.
Mit der zweiten Anklage wurde René P. vorgeworfen, gemeinsam mit zwei weiteren Hells Angels versucht zu haben, ein Bandidos-Mitglied zu erstechen. Dem lebensgefährlich Verletzten konnten die Ärzte noch helfen. In der dritten und vierten Anklage ging es um den Überfall auf eine Frau, der 15.000 Euro geraubt wurden.
Danach erteilte der Richter den Angeklagten das Wort, das gestern lediglich Thomas F. ergriff: „Ich habe damit nichts zu tun.“ Seine Anwältin ergänzte, es sei für ihren Mandanten „belastend“, sich dennoch monatelang mit dieser Sache auseinandersetzen zu müssen, obwohl es keine Beweise gegen ihren Mandanten gäbe, lediglich die Aussage von Kassra Z. Der soll geschildert haben, wie sich René P. in einem Bordell mit dem „Locke“-Mord brüstete. Zur Erinnerung wollte er sich sogar eine Tätowierung auf die Brust stechen lassen.
Die Richter müssen die Beweislage gegen Thomas F. jedoch anders einschätzen, sonst befände sich dieser auf freiem Fuß, so wie Dennis S. An dessen Schuld bestünden gewisse „Restzweifel“ so Martin Steltner, Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft.
Das Gericht will nun zunächst die Ermittler vernehmen. Die mit Spannung erwartete Aussage von Kassra Z. wird wohl erst im nächsten Jahr erfolgen.
UTA EISENHARDT