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Archiv-Artikel

Ende der Proteste in Kirgisien

Polizei löst Demonstrationen gegen Staatschef Bakijew in Bischkek gewaltsam auf

BAKU taz ■ Wie ein Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet. Die vom kirgisischen Oppositionsführer Felix Kulow stolz für den vergangenen Donnerstag angekündigte „friedliche Übergabe der Macht“ endete in der Nacht zum Freitag in einem Fiasko. Mit Tränengas, Schlagstöcken und Gummigeschossen vertrieben Sicherheitskräfte unter der Führung des Innenministers 1.000 aufgeputschte Demonstranten vor dem Regierungssitz des kirgisischen Präsidenten Kurmanbek Bakijew in der Hauptstadt Bischkek.

Die Oppositionsführung hatte gegen Donnerstagnachmittag die Kontrolle über die mit Holzlatten bewaffneten Jungmänner verloren. Diese hatte man aus den umliegenden Dörfern in die Hauptstadt gekarrt, um dem Protest der Opposition neue Dynamik zu verleihen. Die Lage eskalierte. Die kirgisische Staatsmacht griff durch und beendete die zweiwöchigen Proteste gegen den Präsidenten.

Die Präsidentschaft Bakijews ist damit gerettet. Ihm blieb das Schicksal seines Vorgänger Askar Akajew ersparrt. Der erste Präsident des bettelarmen Gebirgsstaats war bei ähnlichen Unruhen im März 2005 aus dem Land vertrieben worden.

Gestern legte die Staatsmacht nach. Zwei Büros der einflussreichen Oppositionsbewegungen „Ata Meken“ (Ein Land) und „Ar Namis“ (Tugend) wurden gestürmt, die Ausgabe zweier Oppositionszeitungen beschlagnahmt und den Organisatoren der Proteste strafrechtliche Konsequenzen angedroht. Führende Oppositionspolitiker wie Omurbek Tekebajew, die das Abgeordnetenmandat vor Strafverfolgung schützt, erklärten, die Proteste nicht mehr fortzusetzen. Es wird befürchtet, dass Bakijew die Presse- und Versammlungsfreiheit einschränken könne.

Expremier Kulow, der nach dem Rücktritt im Dezember 2006 zeitweise als Lichtgestalt der Opposition bejubelt wurde, geriet zur tragischen Figur. Die machtvollen Versprechungen konnte er nicht erfüllen. Die angekündigten Massendemonstrationen blieben Seifenblasen. Die Bevölkerung, obwohl mit der korrupten Regierungsweise Bakijews unzufrieden, ist die politische Ungewissheit leid. So versuchte ein Kleinunternehmer in Bischkek seit Monaten ein Dokument zu erhalten, doch immer wenn er bis zum Vorzimmer des Ministerpräsidenten vordrang, wurde dieser gerade aufgrund einer neuen Krise ausgetauscht.

Die, die dem Ruf der Opposition folgten, waren meist bezahlte Tagelöhner. Je weniger Menschen sich auf dem zentralen Platz in Bischkek versammelten, desto schriller waren die Forderungen. Man werde 100.000 Menschen versammeln, die Tage Bakijews seien gezielt, erklärte Kulow noch Anfang der Woche.

Vor dem Beginn des Protests wurde in Bischkek gemunkelt, der russische Präsident Wladimir Putin habe Kulow zuvor in Moskau gewarnt, dass er keinen zweiten kirgisischen Gastarbeiter wie Akajew will. Der Oppositionsführer glaubte, der russische Präsident meine damit Bakijew. Nun könnte es passieren, dass Kulow selbst von Putins Vorhersage getroffen wird.

MARCUS BENSMANN