: Lebensversicherung für ein Jahr
Der VfL Bochum gewinnt bei Eintracht Frankfurt eines von fünf Endspielen um den Klassenerhalt, verliert aber seinen griechischen Torjäger Theofanis Gekas an den Werksclub Bayer Leverkusen
AUS FRANKFURT TOBIAS SCHÄCHTER
Als Joel Epalle am Samstag gegen 16.50 Uhr zum zweiten Mal an diesem Nachmittag einen Salto schlug, begann ein Massenexodus aus der Frankfurter Arena. Tausende der wieder einmal über 47.000 Eintracht-Fans machten sich auf dem Nachhauseweg, andere rollten enttäuscht ihre Transparente ein und viele schrien in Richtung Trainer: „Funkel raus.“ Es waren zu diesem Zeitpunkt immerhin noch rund 20 Minuten zu spielen, aber das 3:0 des Stürmers aus Kamerun für den VfL Bochum offenbarte Eintracht Frankfurt endgültig die lange verdrängte Ungewissheit über die Klassenzugehörigkeit im nächsten Jahr.
Die Bochumer haben nach dem 30. Spieltag zwar zwei Zähler mehr als die Frankfurter, aber Euphorie wollte sich zur Freude über den wichtigen 3:0 Auswärtssieg nicht gesellen. Epalle, Torschütze in der 58. und 69. Minute, meinte: „Wir haben nur eines von fünf Endspielen gewonnen.“ Und Heiko Butscher erinnerte an die Unberechenbarkeit der diesjährigen Spielrunde: „Wir rechnen noch nicht, die Lage ist zu unsicher. Nach jedem Spieltag muss man neu schauen.“ Die drei Punkte aus Frankfurt tun dem VfL gut vor dem so schweren Finale: Nächsten Freitag kommt Tabellenführer Schalke, dann geht es nach Hamburg, bevor die meisterschaftsverdächtigen Stuttgarter ins Revier reisen; am letzten Spieltag schließlich geht es zu den dann bereits wohl abgestiegenen Gladbachern.
Es scheint also noch verfrüht, Wetten auf den Nichtabstieg der Bochumer abzuschließen, auch wenn diese eine fußballernde Lebensversicherung in ihren Reihen haben. Theofanis Gekas nutzte am Samstag eine Fehlleistung des Frankfurter Abwehrspielers Aleksandar Vasoski zur Halbzeitführung des VfL (32.). Es war Gekas‘ 18. Saisontreffer und Trainer Marcel Koller freute, dass sich seine Mannschaft nach diesem Tor „so richtig in Igelstellung“ bringen konnte.
Die Tore des schnellen Griechen könnten tatsächlich die Garantie für den Verbleib des VfL in Liga eins sein. In der nächsten Saison indes, müssen die Bochumer auf Gekas verzichten, er wechselt für vier Jahre zu Bayer Leverkusen. Dass sie in Leverkusen den Bochumern mit Nachdruck die Daumen drücken, erstklassig zu bleiben, ist nicht anzunehmen. Steigt der VfL ab, müsste Bayer nur 350.000 Euro Ablöse zahlen, bei Klassenerhalt dürfte sie zehn Mal so hoch sein. Gekas begründete seinen Wechsel auf der Homepage seines derzeitigen Arbeitgebers: „Die Möglichkeiten, die mir Bayer sportlich aber auch wirtschaftlich bietet, kann ich nicht ignorieren“, teilt der 26-Jährige mit.
Bochums Manager Stefan Kuntz kommentierte hin und her gerissen zwischen sportlichem Verlust und voraussichtlichem wirtschaftlichem Gewinn: „Natürlich ist es traurig, wenn ein so wertvoller Spieler geht. Aber er glänzt bei uns, deshalb sind wir stolz, dass wir in dieser Saison solch einen Spieler haben.“ Kuntz steht nun vor der schwierigen Aufgabe neben dem in Frankfurt erneut starken Zvjezdan Misimovic, der nach Nürnberg wechselt, auch einen neuen Stürmer zu finden, der die Rolle der fußballernden Lebensversicherung übernimmt. Zumindest für ein Jahr, länger laufen Lebensversicherungen in Bochum nämlich meistens nicht.