: Der FC Bayern der Tischtennis-Bundesliga
Tischtennis-Bundesligist Borussia Düsseldorf steht in den Play Offs zur Deutschen Meisterschaft. Die Konkurrenz befürchtet eine Übermacht der Rheinländer – vor allem weil die deutsche Elite demnächst hier Aufschlagen wird
DÜSSELDORF taz ■ Jetzt ist es amtlich – Borussia Düsseldorf steht in der Tischtennis-Bundesliga in den Play-Offs. Bis zum vorletzten Spieltag hat es gedauert, bis dies definitiv feststand. In der kommenden Runde wird dies wohl etwas schneller gehen. „Ab nächster Saison wird das langweilig“, meint auch Rolf Wohlhaupter-Hermann. Nicht nur der Präsident des amtierenden Meisters TTC Frickenhausen befürchtet eine erosionsartige Machtverschiebung in der Pingpong-Beletage. Die Borussia gilt dann als unschlagbare Übermannschaft, etwa weil dann das komplette deutsche Dreierteam, das gerade siegreich im Mannschafts-Europameisterschafts-Finale stand, in Düsseldorf aufschlagen wird.
Auch der Würzburger Manager und Hauptsponsor Frank Müller murrt bereits: „Ich werde mir das eine Saison lang anschauen und dann Konsequenzen ziehen.“ Der Macher von Müller Würzburger Hofbräu fürchtet ebenfalls, dass ein Würzburger Meistertitel wie 2005 dann nicht mehr möglich sei. Bei einer Meisterschaft, die schon vor dem Auftaktmatch gelaufen sei, würde er auch keine Zeit und keine Gelder mehr investieren wollen und sein Engagement in der finanziell ohnehin notorisch klammen Tischtennis-Bundesliga beenden.
„Wir wollen schon einen Titel holen, bevor der Großmeister zu uns kommt“, gibt Borussia-Coach Dirk Wagner schon für diese Runde aus. Der „Großmeister“ ist Timo Boll. Der deutsche Weltklasseakteur holte in Belgrad bei der EM gerade nicht weniger als drei Goldmedaillen – eigentlich fast aus Versehen, denn Boll hat den Fokus längst auf die WM im Mai in Zagreb und vor allem auf Olympia 2008 gerichtet.
Im Sommer wird er nun nach Düsseldorf wechseln. Der Tischtennis-Rekordmeister, der schon eine ganze Weile ohne Meisterschaft blieb, machte das einzig richtige und holte das nationale Aushängeschild zum deutschen Topklub. Die finanzielle Dauermisere bei seinem hessischen Verein TTV Gönnern und die Olympiade im nächsten Jahr kam der Borussia da gelegen: In Deutschland konnte bei Düsseldorfs Angebot niemand mithalten – und ins noch besser dotierte Ausland wollte der bodenständige 26-Jährige ein Jahr vor Olympia nicht. Zu viel könnte dann und Unordnung kommen, was ihn bis dato bereits schon auf Platz eins in der Weltrangliste katapultiert hatte, befürchtete er. „Natürlich werden nach dem EM-Titel die Ansprüche an dieses Düsseldorfer Team noch mehr steigen“, sagt Boll artig: „Unbezwingbar ist sicherlich keine Mannschaft, aber wir werden hoffentlich etwas mehr als ein Wörtchen bei nationalen und internationalen Wettbewerben mitzureden haben.“
Ohnehin ist die Verpflichtung Bolls allein noch nicht einmal der Grund, warum Borussia nun bald der uneingeschränkte Ligakrösus ist, der Ausnahmekönner hat sich eine eingeschränkte Einsatzzahl auserbeten, um für die internationalen Topereignisse frisch zu sein. Boll wird in der Bundesliga nur zum Einsatz kommen, wenn es eng werden könnte und eben in der Champions League. Die „Alltagsarbeit“ sollen andere verrichten – Christian Süß etwa, Bolls EM-Gold-dekorierter Doppelpartner oder der tschechische Weltklassemann Petr Korbel. Ganz nebenbei haben die Düsseldorfer auch noch den 17-jährigen Japaner Jun Mizutani unter Vertrag, dem die Experten irgendwann einmal sogar Weltmeistertitel und Olympiasiege zutrauen.
Am Sonntag spielte das Tabellenschlusslicht Schwalbe Tündern in Düsseldorf, auch deren Spitzenspieler Dimitrij Ovtcharov trainiert und lebt längst im neuen Leistungszentrum in der NRW-Landeshauptstadt. Nur schlüssig ist es so, dass die Borussia auch den neuen deutschen „Shootingstar“ für die kommende Saison unter Vertrag nahm. Der 18-jährige Ovtcharov gilt als Bolls „Kronprinz“ – gerade ging bei der EM sein internationaler Stern mit der Bronze-Medaille im EM-Einzel auf. „Wir haben mit Düsseldorf nächstes Jahr auch Ambitionen in der Champions League, und dort müssen wir gegen Spitzenteams wie Charleroi oder Niederösterreich alles geben, um zu gewinnen“, sagt Boll lakonisch zur zukünftigen Leistungskonzentration in der neuen deutschen Tischtennis-Hauptstadt: „Ich habe auch in der Bundesliga genug Gegner, die ich absolut Ernst nehmen muss.“ Allerdings in Zukunft dann wohl fast nur noch im Training bei Borussia Düsseldorf.
KLAUS TEICHMANN