: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Die Konservativen haben vor lauter Freude über das „historische Scheitern der Linken“, das sie mit dem Ende der Sowjetunion gekommen sahen, ihr eigenes Mitscheitern nicht bemerkt. Und Oettinger ist da auch keine große Hilfe
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Wer als nächstes „Knut“ sagt, wird vereist.
Was wird besser in dieser?
Der hiesige Spargel. Im Ökomarkt gab’s Öko-Spargel aus Ungarn. Ist der zu Fuß gekommen?
Leider produziert Günther Oettinger aus Stuttgart immer noch Nachrichten. Soll Weikersheim also leben?
Unbedingt! Die „christlich-konservative Denkfabrik“ begründet ihre Existenz mit der „linken Kulturrevolution der 68er“ und deshalb notwendiger Gegenwehr. Ich guck’ mir die Grünen an und die Linken und sage: Hey, ist doch geil, dass noch irgend jemand an die Idee glaubt, die Linke hätte dieses Land verändert.
Wovon wird sich Oettinger nächste Woche distanzieren?
Noch ein Merkel-Gegner, der sich zu Tode siegt. Wird doch lustig, wenn sein Landesverband um Annette Schavan betteln muss, um die nächste Wahl zu retten.
Der baden-württembergische CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Barthle möchte darüber nachdenken, „ob der Zentralrat der Juden in allen Fragen des Dritten Reiches die alleinige Deutungshoheit“ hat. Was denkt er sich wohl?
Nichts, das schafft der alles ohne Denken. Barthle hat sich unterdes distanziert, schließlich kommt er aus Oettingers Stall. Ich kenne aus meinem Beruf heraus eine Reihe von Leuten, die einem durchaus ungemütlich getönt am Telefon entgegnen: „Nur weil ich Jude bin, ruft ihr bei jedem Unsinn an und ladet mich in eure Talkshows!“ Es ist ein makabres Nebenprodukt deutscher Geschichte, dass wir dem Urteil jüdischer Deutscher mehr Integrität zutrauen dürfen als dem manch anderer Deutscher.
Wieso können Konservative heute eigentlich nicht mehr in Frieden konservativ sein, ohne gleich als abstrus aufzufallen?
Weil sie vor lauter Freude über das „historische Scheitern der Linken“, das sie mit dem Ende der Sowjetunion gekommen sahen, ihr eigenes Mitscheitern nicht bemerkt haben. Gewonnen hat damals der Kapitalismus, die entfesselte Marktwirtschaft, und darüber konnten sich nur Leute freuen, die keine andere Idee hatten, was „konservativ“ denn bitte sei. Die behelfen sich heute mit Attributen – mal Nazi-Nähe, mal als vatikanische Taliban – über das Vakuum hinweg, dass „konservativ“ in allerhand wohlverstandenen Sinnen etwa eher das Gegenteil von „manchesterkapitalistisch“ ist. Die christliche Soziallehre oder die ökologische Nachhaltigkeitsidee sind zutiefst konservativ und haben mit der Gegenwart keinerlei Definitionsprobleme.
Noch etwas Unangenehmes: Morgen stellt der Deutsche Wetterdienst Zahlen und Fakten zum Klimawandel in Deutschland vor. Fahren Sie eigentlich immer noch Audi?
Nein, ich habe ein Öko-Auto. Übrigens: Wusstet ihr, dass man einen Arbeitgeber anlügen darf, wenn er im Vorstellungsgespräch unredliche Fragen stellt, zum Beispiel ob man schwanger sei oder so?
Ist es denn sehr erschütternd, ökologisch von der Bild -Zeitung überholt zu werden?
Nein, es ist sehr schmeichelhaft, wenn man eine konsequentere Haltung durchgehalten hat als der BUND, Greenpeace und der WWF, für die die Bild-Zeitung eben noch der Anti-Öko-Gottseibeiuns war.
Hamburg hat am Freitag das dreigliedrige Schulsystem und damit die Hauptschule abgeschafft. Das hat doch sicher Zukunft.
Absolut. Der UN-Sonderbeobachter hatte am deutschen Schulwesen ja seine Zergliederung kritisiert. Also mindert jetzt jedes Bundesland die Zergliederung auf jeweils andere Weise: Hamburg zweigliedrig, Berlin 6 Jahre Grundschule, Schleswig-Holstein mit Gemeinschaftsschulen. Bei der nächsten Visite wird der UN-Beobachter dann einfach verschmoren. Die große Koalition hat ihre Chance, bundeseinheitlich bessere Bildungspolitik zu machen, am Schachertisch der Föderalismusreform verzockt.
Und was macht Borussia Dortmund?
Doll hat jetzt schon doppelt so viele Spiele mit dem BVB gewonnen wie Röber, also zwei. Sieht eng aus für einen vierten Trainer diese Saison. FRAGEN: HH