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Archiv-Artikel

Seit 20 Jahren Medienkunst

Bis Sonntag läuft das European Media Art Festival in Osnabrück

Seit 20 Jahren leistet sich nun die Stadt Osnabrück ein hochkarätiges Festival, das mit seinem Programm das große Publikum eher abschreckt als umgarnt. Experimentelle Filme waren und sind das Kernstück des European Media Art Festivals, und diese werden von heute bis Sonntag im Kulturzentrum Lagerhalle aufgeführt. 180 Kurz- und Langfilme sowie Videos wurden in diesem Jahr ausgewählt und in Programmen wie „Konstrukt -Media“, „Shoot Shoot Shoot“, „Cut Off Time“ oder „Defined Spaces“ präsentiert.

Ein Dilemma des heutigen Avantgardefilm besteht dabei darin, dass das Prinzip der Avantgarde selber altmodisch geworden ist. Jede neue Generation von Experimentalfilmern hat den Anspruch, das Medium neu zu erfinden und kommt dabei auf vermeintlich neue Lösungen, die aber ihre Vorgänger schon vor Jahrzehnten entdeckt und dann wieder verworfen hatten. Solch ein Déjà-vu-Effekt trat in den letzten Jahren in Osnabrück immer wieder auf und in diesem runden Geburtstagsjahr wird er sicherlich noch dadurch verstärkt, dass Gäste wie Lynn Hershman, Malcolm LeGrice und Mischa Kuball Programme mit ihren Lieblingswerken zeigen werden. Da wird sich dann im direkten Vergleich zeigen, ob es unter den neuen Arbeiten etwa einen ähnlich radikalen Film wie Andy Warhols „Kitchen“ aus dem Jahr 1965 gibt, in dem die Filmkunst rigoros auf dem Küchentisch geopfert wurde.

Während das Lagerhaus also eher ein prosaischer Veranstaltungsort ohne besondere Aura ist, hat das emaf mit der in eine Kunsthalle umfunktionierten Dominikanerkirche auch einen imposanten, poetischen Raum, in dem jeweils die Ausstellungen präsentiert werden, die zu einem großen Teil aus Videoinstallationen bestehen. Unter dem Thema „Final Cut“ werden hier diesmal Werke gezeigt, in denen sich die Künstler mit der Traummaschine Kino auseinandergesetzt haben. Deren Mythos und Ausstrahlung zugleich zu spiegeln und zu brechen ist zur Zeit ein Trend bei Experimentalfilmern, die mit der Methode des „found footage“ einzelne Bilder, Einstellungen und Klangpartikel aus Mainstreamfilmen neu montieren, verfremden, wiederholen oder auf einzelne Details reduzieren. So hat Dietmar Offenhuber etwa einer Szene aus Stanley Kubricks „Path of Glory“ alle Informationen, die ursprünglich durch die Abbildung geliefert werden sollten, entzogen, sodass ein reines Kinobild übrig bleibt. Die männlichen Macht- und Abenteuerfantasien des Hollywoodkinos treibt Paul McCarthy auf die Spitze, indem er in einer Westernparodie die Helden in einem Army Fort aufeinander losgehen lässt.

Eine weitere Spezialität des Festivals sind Live-Performances, die traditionell spätabends im Haus der Jugend abgehalten werden. Am Freitag um 22.30 stellt die Künstlergruppe „Addictive TV“ ihr Programm „The Eye of the Pilot“ vor. Der französische Pilot Raymond Lamy hatte auf seinen Flügen um die Welt in den 50er Jahren immer eine 8mm-Filmkamera dabei, und seine farbigen Impressionen aus Karachi, Saigon, der Elfenbeinküste oder San Francisco werden hier zu einer virtuellen Welt- und Zeitreise kombiniert, die von der vermeintlich romantischen Unschuld des Jetsets jener Zeit geprägt ist. Einen modernen Kontrapunkt dazu liefert am Samstag ebenfalls um 22.30 die Londoner Gruppe „D-Fuse“ mit ihrer Performance „Latitüde (31° 1ON/121° 28 E)“, bei der sie Ansichten von chinesischen Städten, die sich rasend schnell verändern, so mischt, dass dabei ein beeindruckender, zeitgenössischer Panoramablick entsteht.

Wilfried Hippen