Das seltsame Schweigen der Ermittler : KOMMENTAR VON CHRISTIAN RATH
Noch ist völlig unklar, wer 1977 Generalbundesanwalt Siegfried Buback erschossen hat. War es Knut Folkerts, der bisher als wahrscheinlichster Schütze galt, oder doch Stefan Wisniewski, der erst am Wochenende durch eine Veröffentlichung des Spiegels als möglicher Täter ins Blickfeld kam?
Dass es Hinweise auf Wisniewski gab, wussten die Ankläger der Bundesanwaltschaft zwar schon seit 1981 – allerdings ohne dieses Wissen zu verwerten. Denn sie hatten die Information vom Verfassungsschutz, und der hatte sie gesperrt. In der Regel dient diese übliche Geheimdienstpraxis dem Schutz von Quellen.
Ein Skandal wäre es nur, wenn die Sperrung der Information zu einem Fehlurteil geführt oder ein Anschlag nicht hätte verhindert werden können. Beides war aber nicht der Fall. Knut Folkerts hätte auch bei Kenntnis der Wisniewski-Spur „lebenslänglich“ bekommen, weil er das Buback-Attentat zumindest mit vorbereitete. Und Wisniewski saß wegen der Schleyer-Entführung ohnehin in Haft. Er wurde 1999 nach 20 Jahren entlassen.
Seltsam ist eher das Schweigen der Bundesanwälte in den vergangenen Monaten. Da tritt mit Michael Buback der Sohn des damaligen Opfers vielfach an die Medien und macht deutlich, wie wichtig es ihm sei, zu wissen, was 1977 genau geschehen ist, wer konkret seinen Vater erschossen hat. Er fordert die Information von den Angehörigen der RAF und lehnt zum Beispiel die Begnadigung Klars zunächst ab, weil dieser keinerlei Hinweise zur Aufklärung gebe. Das Argument Bubacks wird von Politikern, die noch einmal auf den RAFlern herumhacken wollen, bereitwillig aufgenommen.
Doch an die einstigen Bundesanwälte dachte niemand. Und sie selbst kamen auch nicht auf die Idee, sich zu äußern. Dabei hatten sie seit 26 Jahren mit dem Hinweis auf Wisniewski eine wichtige Spur in den Händen. Erst nachdem dies öffentlich wurde, wird jetzt ermittelt. Warum haben sich die Geheimnisträger nicht bei Buback gemeldet und ihm ihr Wissen mitgeteilt? Nach 26 Jahren hätte da wohl auch der Verfassungsschutz mitspielen müssen. Dass sie untätig blieben, ist nicht rechtswidrig, aber gegenüber Bubacks Sohn ziemlich gefühllos.