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Archiv-Artikel

Und raus bist du!

FRAUENFUSSBALL Nach dem 2:0-Sieg über Nordkorea muss Trainerin Silvia Neid fünfmal telefonieren

FRANKFURT taz | Niemand soll auch nur auf die Idee kommen, an diesem Freitagvormittag sein Handy auszuschalten. Oder nicht erreichbar zu. Wäre ja blöd, wenn Silvia Neid nur den Anrufbeantworter dran hätte. Einerseits. Andererseits würde es der Bundestrainerin leichter fallen, die sicherlich unangenehmste Aufgabe in der Vorbereitung auf die Frauen-WM im eigenen Land zu erledigen. Fünf Spielerinnen fallen noch aus dem derzeitigen 26-köpfigen Aufgebot heraus – und der 2:0-Sieg am Samstag gegen Nordkorea in Ingolstadt hat die Auswahl für Neid nicht eben einfacher gemacht.

„Ich habe allen gesagt, sie sollen ans Telefon gehen. Sie können ‚blöde Kuh‘ rufen und meinetwegen auch gleich direkt wieder auflegen – aber ich will es persönlich rüberbringen“, erklärte die 47-Jährige. „Ehrlich gesagt, ich habe mich immer noch nicht ganz entschieden. Heute ist es die, vorgestern war es die – ich glaube, ich lasse es mir bis zum Schluss offen.“ Weil die fünf Akteurinnen von Turbine Potsdam (Fatmire Bajramaj, Anja Mittag, Babett Peter, Bianca Schmidt, Josephine Henning) gestern das Luxushotel des DFB-Generalausrüsters in Herzogenaurach verlassen haben, um sich wenigstens ein paar Tage auf ein Champions-League-Finale ihres Vereins vorzubereiten – Donnerstag spielt Potsdam gegen Olympique Lyon – kann es nur den Weg geben, die schlechte Nachricht am Ende der Woche telefonisch zu übermitteln.

Pohlers oder Popp

Ziemlich sicher wird wohl Lena Goeßling (Bad Neuenahr), Josephine Henning und die nachnominierte Conny Pohlers ein Anruf ereilen – dass die Bundesliga-Torschützenkönigin des 1. FFC Frankfurt gegen die emsigen Asiatinnen nicht eingewechselt wurde, während Alexandra Popp, Shootingstar der U20-WM im vergangenen Sommer, Pluspunkte sammeln durfte, sprach Bände. Zu groß ist im deutschen Frauenfußball die Auswahl an guten Stürmerinnen, weshalb auch Célia Okoyino da Mbabi frohlockte, die als Joker zum 2:0 traf und darüber jubelte, als habe sie das WM-Finale entschieden. „Es ist sicher nicht ein Tor entscheidend. Ich hoffe aber, dass es nun für mich gereicht hat“, sagte die 22-jährige Frohnatur. Die Tochter eines Kameruners und einer Französin mit deutschem Pass ist ja dazu auserkoren, als multikulturelle Botschafterin vorneweg zu gehen.

Voran geht auch Kim Kulig, 21, enorm präsent in der Zentrale und wie selbstverständlich Vollstreckerin des zum 1:0 führenden Elfmeters. „Es war keiner da, der schießen wollte. Da habe ich es halt gemacht.“ Ihr Fazit: „Unsere Grundordnung war gut, unser Pressing auch, unser Angriffsspiel noch nicht.“ Was übrigens niemand verhehlte. „Wir sind erst bei 70, 80 Prozent. In der Offensive stimmt es noch nicht“, konstatierte Torfrau Nadine Angerer, „aber die Automatismen werden kommen.“ Dafür dient ja eigens der noch bis Mittwoch laufende Lehrgang Nummer fünf mit dem Arbeitsschwerpunkt Spielaufbau und Angriffsspiel. „Wir müssen dafür im Kopf noch fitter werden. Noch fehlen die Ideen nach vorne“, kritisierte Silvia Neid, die sich weniger hohe lange Bälle, sondern „flache, scharfe Pässe in die Spitze“ wünscht, weil „die besser zu verarbeiten sind“. FRANK HELLMANN