: Hochtief darf bauen
Der Essener Baukonzern darf den Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven hochziehen. Der unterlegene Konzern will dagegen Einspruch einlegen
VON KAI SCHÖNEBERG
Die Messer sind gewetzt: „Wir werden diese Entscheidung rügen und aller Voraussicht nach die Prüfung bei der Vergabekammer beantragen“, sagt Manfred Wendt, Geschäftsführer des Papenburger Bauunternehmens Bunte. Gestern hat der Mittelständler nach seiner Meinung nur eine Schlacht, aber noch nicht den Krieg verloren. Martialische Worte, aber es geht ja auch um extrem viel Geld.
Für 480 Millionen Euro hat ein Konsortium um den Essener Bau-Riesen Hochtief gestern vom Aufsichtsrat der Jade-Weser-Port Realisierungsgesellschaft den Zuschlag für den Bau des Superhafens bekommen. Dafür soll Hochtief die 1.725 Meter lange Kaje bauen und ein 360 Hektar großes Areal im Jadebusen aufspülen. Der Konzern stehe „in den Startlöchern“ und könnte „am 2. Mai loslegen“, sagte ein Sprecher von Hochtief. Das ist wohl verfrüht.
14 Tage Zeit hat nämlich die Bietergruppe um Bunte, um Einspruch bei der Vergabekammer einzulegen. Die unterlegenen Papenburger wollen möglicherweise auch gerichtlich dagegen vorgehen. Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) hatte am Donnerstag im Landtag erneut betont, der Baubeginn für den Riesenhafen werde sich nicht verzögern. Angeknackst ist der Ruf des Prestigeprojekts längst. Zweifeln doch viele, dass der insgesamt fast eine Milliarde Euro teure Tiefwasserhafen ökonomisch überhaupt Sinn ergibt – für die meisten der Riesenpötte gibt es ja noch den Hamburger Hafen. Nun geht es um Gerüchte, es sei gemauschelt worden.
Bunte hatte offenbar ein 50 Millionen Euro günstigeres Angebot als Hochtief abgegeben. Weil er die neuartige Papenburger Bauweise befürwortete, wurde sogar der technische Leiter der Realisierungsgesellschaft gefeuert. Offiziell wurde argumentiert, das Bunte-Verfahren sei technisch nicht ausgereift und noch nicht erprobt, der Bauleiter habe zu große Nähe zu Bunte gehabt. Die Gerüchteküche behauptet hingegen, die in der Realisierungsgesellschaft vertretenen Bremer hätten sich über alle Kostenbedenken hinweggesetzt, damit „ihr“ Konzern Hochtief den Zuschlag bekomme.
Zwar trägt Niedersachsen die Kosten für die Infrastruktur in Höhe von rund 600 Millionen Euro und Bremen nur 90. Aber beim Bauherrn, der Realisierungsgesellschaft, ist der Bremer Jürgen Holtermann gleichberechtigter Geschäftsführer zusammen mit einem Niedersachsen. Holtermann wiederum ist Chef des Bremer Hafenbetreibers Bremenports, für den Hochtief unlängst den neuen Containerterminal CT IV hochgezogen hatte. Zähneknirschend sagte Hirche gestern, die gleichberechtigte Partnerschaft der Bundesländer sei doch gut: „Wir müssen in Norddeutschland auch beginnen, die Ländergrenzen zu überwinden.“ Hinter den Kulissen fühlen sich die Niedersachsen längst über den Tisch gezogen.
An einer unkalkulierbaren Verzögerung für den Jade-Weser-Port kann FDP und CDU in Niedersachsen aber nicht gelegen sein: War der Baubeginn zunächst für vergangenen Sommer geplant, soll er nun wenigstens vor der Landtagswahl im Januar 2008 erfolgen. Außerdem stehen EU-Fördermittel in Höhe von 50 Millionen Euro auf dem Spiel, wenn nicht in diesem Jahr der erste Rammschlag erfolgt. Spätestens 2010 soll das Milliardenprojekt anfangen, bis zu 430 Meter lange Containerschiffe abzufertigen, die strukturschwache Region hofft sehnlichst auf rund 1.000 neue Jobs.