Dem kleine Hütchen standen

Der Gitarrist von Ideal und Dandy Frank Jürgen „Eff Jott“ Krüger ist gestorben

Was einem zu ihm als Erstes einfiele, räsonierte die ehemalige Bandkollegin Annette Humpe vor ein paar Tagen im Radiointerview, sei Stil, und den habe man bei ihm bis in die Küchengeräte gespürt. Außer stilvoll war er auch noch charmant, ein ewiger Lebemann, einer, der schon mit 30 nicht mehr jung, dafür aber mit 50 noch nicht alt aussah. Der geborene Mod. Einer, der sich seinen Geschmack erarbeitet hat, ihn nicht mit einem goldenen Löffel in den Mund gelegt bekam. Auf der Rückseite der ersten Ideal-Platte von 1980 steht Eff Jott Krüger im glänzenden Jackett und mit Krawatte irgendwo im mauerlichen Berlin, die mit knapp über 30 bereits spärlichen Haare korrekt kurz geschoren, neben ihm die Kollegen und die Kollegin im strähnigen Wave-Look und in Streifenhosen. Irgendwann hatte der Junge aus Weißensee mal Werkzeugmacher gelernt, dann früh die Musik entdeckt und sich lange vor New Wave, und natürlich lange vor der Neuen Deutschen Welle, in Beat, Jazz und Rock’n’Roll verguckt.

Ein Sammler: Bei ihm zu Hause, in der langgestreckten Schöneberger Wohnung, die er viele Jahre bezogen hatte, standen, hingen und glänzten die schönsten 50s- und frühe 60s-Accessoires, Aschenbecher, gepflegte Schuhe, altmodische Reklameschilder, teure 17.-Juni-Flohmarkt-Antiquitäten, Original-Schallplatten; vom Scheitel bis zur Sohle trug er edles Tuch aus jenen Zeiten. Nach den drei Jahren und drei Alben, in denen Ideal mit Humpes unterkühltem Gesang und Krügers schneidender, rhythmisch ausgefuchster Gitarre bahnbrechend den NDW-Sound formten, spielte Krüger, der gitarrengeniale Musikliebhaber, mit FreundInnen und Bekannten zusammen, half als Grandseigneur den juvenilen Lassie Singers aus, machte Projekte mit Holger Hiller von Palais Schaumburg, komponierte Filmmusik und spielte live mit deutschen Rockgrößen. Vor allem kultivierte und professionalisierte er jedoch sein anderes Hobby, das Sammeln von hübschen, altmodischen Dingern auf Rädern: Sein Filmautoverleih wurde der größte Deutschlands, fast in jedem in der Vergangenheit spielenden Film standen oder ratterten Krügers schicke Retro-Kutschen aus dem beeindruckenden Fuhrpark über das Kopfsteinpflaster. Hin und wieder blieb er beim Dreh sogar in einer Karre sitzen und schaffte es so auf die Kinoleinwand.

Wenn man sich zu seinen gesunden Zeiten mit ihm traf, konnte man sicher sein, dass man genießen würde: tolles Essen, gerne auch nonchalant selbst gekocht, viel zu trinken, wahnwitzige Geschichten, vorgetragen von einer lächelnden Berliner Schnauze, „in netter Form“, hätte Krüger es genannt. Keine fünf Minuten konnte man mit ihm in der Berliner Öffentlichkeit verbringen, ohne dass Krüger jemanden kannte, grüßte, jemandem zunickte, Anekdoten über jemanden auspackte. Ein Gentleman, der mit über 40 Vater eines Sohnes wurde, seine Geschichten waren unterhaltsam, nie prahlerisch, und auch wenn man oft die Lücken zum Antworten suchen musste, amüsierte man sich üblicherweise mit ihm wie Bolle. Bolle allerdings in feinem Stoff. F.J. Krüger war der Typ für einen Tag am Comer See, mit Picknickkorb, aus dem eine Flasche Krug-Champagner lugt, einer schnieken Decke zum Lümmeln, einem batteriebetriebenen Single-Plattenspieler mit Original-Sun-Records-7-Inches, hingefahren wird natürlich im Cabrio mit H-Kennzeichen. Trotzdem, und trotz seines hervorragend entwickelten Geschäftssinns, war er nicht dekadent, sondern bodenständig. Und es gibt nicht viele Männer, denen kleine Hütchen stehen.

Frank Jürgen Krüger starb am Donnerstag mit nur 58 Jahren an einer schweren Krebserkrankung. Er hinterlässt außer seiner Familie, unzähligen FreundInnen, GeschäftspartnerInnen, NeiderInnen, unbezahlbarem 50er-Jahre-Tinnef und wunderbaren Autos die Erinnerung an eine der besten Bands der 80er-Jahre. JENNI ZYLKA