Schlepper und Schleiftöne

JAZZ-FESTIVAL Blue Notes und Multiphonics treffen auf Hafenkulisse und maritimes Flair: Zum zweiten Mal verwandelt das Elbjazz-Festival den Hamburger Hafen in einen „Umschlagsplatz für Jazz aus aller Welt“

Kein Spezialistenfestival für Insider, sondern Jazz als Großereignis

VON ROBERT MATTHIES

So sehr man auch persönlich von der Überzeugungskraft des Jazz überzeugt sein mag: ganz allein an Blue Notes, Schleiftönen und Multiphonics hat es nicht gelegen, dass das Elbjazz-Festival letztes Jahr so ein großer Erfolg geworden ist. Und die Veranstalterinnen Tina Heine und Nina Sauer machen auch gar keinen Hehl daraus, weshalb ein Großteil der 10.000 Besucher gekommen ist: weil sie sich „von der grandiosen Kulisse und dem maritimen Flair des Hafens angelockt fühlten“. Und dann überrascht festgestellt haben, „dass Jazz ihnen viel besser gefällt, als sie bisher gedacht haben“. Kein Spezialistenfestival für Insider also, sondern Jazz als Großereignis mit Tourismus-Faktor.

Und groß haben die geschäftstüchtigen Jazzfreundinnen von Beginn an geplant: 200 MusikerInnen haben sie auf ein knappes Dutzend Bühnen zwischen Hafencity und Blohm+Voss-Werft geholt, mit frischen Talenten und arrivierten Jazzern wie Bugge Wesseltoft oder Till Brönner die Jazzfans geködert und mit Rahmenprogramm, ungewöhnlichen Spielorten und Barkassen-Shuttle ein ganz neues Publikum erschlossen.

Morgen und am Freitag erobert das Elbjazz-Festival dem Jazz quer durch den Hafen zum zweiten Mal neue Orte und Herzen. 50 Konzerte sind auf zehn Bühnen zu hören, darunter wieder etliche Newcomer und eine Handvoll erlesener Ikonen der Jazzgeschichte. Morgen Abend ist etwa Charlie Haden mit seinem Quartet West in der Maschinenbauhalle auf dem Blohm+Voss-Gelände zu erleben. Der hat als Kontrabassist schon Ende der 1950er mit Free-Jazz-Pionier Ornette Coleman für Furore gesorgt, gehörte zum ersten Trio Keith Jarretts, hat eng mit Pat Metheny zusammengearbeitet und seit den 90ern den Latin Jazz um eine kammermusikalische Spielart erweitert.

Wer hören will, wie die junge Hamburger Szene klingt, wird einen Tag später in der Maschinenbauhalle fündig. Das Tingvall Trio präsentiert dort seine mit Rockrhythmen und karibischen Einflüssen amalgamierte lyrisch-melodische Lesart des Piano-Trios. Und knüpft dabei nicht zuletzt auch bei Keith Jarrett an: Auch der hatte schon einen ausgesprochenen ästhetischen Eklektizismus walten lassen. Statt Bob-Dylan-Songs gibt es übermorgen aber mitunter nordische Folklore zu hören.

■ Fr, 27. 5. und Sa, 28. 5., diverse Orte rund um den Hafen; Infos und Programm: www.elbjazz.de