: Streit um Staatsferne
Heute verhandelt das Bundesverfassungsgericht über die Gebührenfestlegung für ARD, ZDF & Co. – und wie viel Einfluss die Länder darauf nehmen dürfen. Querschuss aus Sachsen verpuffte im Vorfeld
VON STEFFEN GRIMBERG
Weil Rundfunk in Deutschland im Rahmen der Kulturhoheit der Länder Sache der regionalen Potentaten ist, andererseits aber zumindest im Fernsehbereich bundesweit und damit national funktioniert, gerät die föderale Medienpolitik gern ins Stocken. Und dann ist traditionell Karlsruhe dran: Heute beginnt vor dem Bundesverfassungsgericht die mündliche Verhandlung in Sachen Festlegung der Rundfunkgebühr. Erwartet wird ein Grundsatzurteil – das erste seit dreizehn Jahren – vor allem über den Einfluss, den die Politik auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nehmen darf.
Dass es überhaupt zur mündlichen Verhandlung kommt, die Karlsruhe heute zum Tummelplatz der öffentlich-rechtlichen Granden und ihrer Widersacher aus der Welt der Privatsender macht, hatte denn auch offenbar ein medienpolitisches Vorspiel. Ursprünglich war das Urteil auf die Verfassungsbeschwerden von ARD, ZDF und Deutschlandradio schon für das Frühjahr angekündigt. Doch dann geriet der Berichterstatter des Gerichts in diesem Verfahren, Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem, Ende April plötzlich unter Beschuss: Der sächsische Staatskanzleichef Hermann Winkler (CDU) zweifelte im Namen seiner Landesregierung an der Unparteilichkeit Hoffmann-Riems. Begründung: Dieser sei schließlich lange Jahre Direktor des von den öffentlich-rechtlichen Anstalten mitfinanzierten Hamburger Hans-Bredow-Instituts für Medienforschung gewesen. Zudem habe sich Hoffmann-Riem bei diversen Auftritten eindeutig zugunsten von ARD und ZDF geäußert. Kurz und knapp: Der Verfassungsrichter sei aus sächsischer Sicht befangen.
Starker Tobak, kurze Wirkung: Der sächsische Alleingang fand im Kreise der anderen Bundesländer, bei denen nach interner Aufteilung Rheinland-Pfalz und Bayern die Medienpolitik koordinieren, wenig Gegenliebe. Ein gemeinsamer Länderantrag wurde rundweg ausgeschlossen: „Wir werden dies mit Sicherheit nicht tun“, zitierte epd den Chef der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, Martin Stadelmaier (SPD). Die „Besorgnis der Befangenheit“ (Winkler über Hoffmann-Riem) sei klar „eine Einzelmeinung“.
Öffentlich-rechtlich herrscht derweil Erleichterung, dass die Volte aus Sachsen so schnell verpuffte. Da habe sich das in Sachen Medienpolitik nicht überaus aktive Bundesland „wohl nur mal wieder in Erinnerung bringen wollen“, meinte ein hochrangiger ARD-Vertreter zur taz.