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Archiv-Artikel

Drogisten und ihre Sprache Vom turbulenten Leben in den 30er-Jahren

Deutsche Drogeriemärkte haben ihre ganz eigene Poesie. Als es noch keinen Euro gab, versicherte zum Beispiel eine Kette, sie sei „modern und preisberühmt“. Das klang zwar reichlich merkwürdig, aber man wusste immerhin in etwa, was die Verfasser meinten. Schwieriger war da schon der Spruch „Niemand verkauft mehr Drogerieartikel (in DM) als …“ ebenjenes Unternehmen.

Nun hat die Drogeriekette Rossmann einen weiteren Beweis geliefert, dass man auf Wörtern ebenso leicht ausrutschen kann wie auf Seifen, die die Firma in vielerlei Ausführungen verkauft. Sie hat sozusagen den Soundtrack zur Gedankenlosigkeit geliefert.

Unter dem abgedroschenen Titel „Berlin Alexanderplatz“ verkauft Rossmann eine CD mit eher altbackenen Liedern. Der Text im dazugehörigen Werbeprospekt hat es allerdings in sich: „Diese CD führt Sie zurück in das turbulente Leben dieser reizvollen Stadt während der 30er- und 40er-Jahre. Mit Lale Andersen, Marlene Dietrich, Comedian Harmonists u. v. a.“

Nun, es wird schon reichlich turbulent gewesen sein, das Leben in dieser reizvollen Stadt Berlin – besonders in den 30er- und 40er-Jahren. Hier ein Reichstagsbrand, dort eine Bücherverbrennung, alle Nase lang Hausdurchsuchungen, Deportationen in Konzentrationslager und schließlich Krieg, Bomben und der Zusammenbruch. Viele Interpreten der erwähnten CD wurden übrigens von den Machern der turbulenten Lebensumstände daran gehindert, weiter aufzutreten und ihre Lieder zu singen, oder gleich zur Emigration gezwungen.

So viel Unerfahrenheit erschreckt – selbst wenn es sich lediglich um einen Werbeprospekt handelt. Dabei hätten dessen wenig kreative Autoren womöglich sogar im Hause Rossmann selbst Hilfe gefunden. Denn die Kundenzeitschrift des Drogeriediscounters mit dem Centaurenlogo hat sogar einmal eine lobende Erwähnung des Vereins Deutsche Sprache erhalten – weil es das Wort „Peeling“ durch „Rubbelcreme“ ersetzte. Vielleicht sollte Rossmann ja künftige Reklameprosa von den Mitarbeitern der Firmenzeitschrift machen lassen. Die scheinen immerhin beim Schreiben mitzudenken.

Andreas König