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Archiv-Artikel

Drinnen voll gestört

Mehr als 2.000 BremerhavenerInnen protestieren friedlich vor der Stadthalle gegen die zentrale Wahlkampfveranstaltung der DVU. Wahlforscher sehen Rechtsextremisten bei vier Prozent

von Andreas Speit

Bei strahlendem Sonnenschein waren viele Menschen am Sonntag dem breiten Bündnisaufruf „Wir in Bremerhaven für Respekt, Toleranz und Demokratie“ gefolgt. Über 2.000 TeilnehmerInnen demonstrierten laut Rheinhard Dietrich vom DGB gegen die zentrale DVU-Wahlveranstaltung. In der Stadthalle wurde der Protest durchaus wahrgenommen: „Dass wir uns das bieten lassen müssen – durchgreifen!“, schimpfte ein Herr von der DVU im Saal. Eine Dame neben ihm meinte: „Ach, wir von der NPD haben da schon anderes erlebt.“ Genervt blickten einige DVU-Freunde aus den Fenstern.

Friedlich war bereits die Gegendemonstration verlaufen. Bei der Halle, in die sich die DVU eingeklagt hatte, betonte auf der Kundgebung Oberbürgermeister Jörg Schulze (SPD), dass „diese Undemokraten unter dem Schutz der Demokratie gegen ausländische und jüdischen Menschen hetzen“. Die DVU-Abgeordneten seien im Parlament allesamt „unfähig und faul“. Für die sozial Schwächeren würden sie nichts tun. Auch Dirk Scheider, Pastor der „Großen Kirche“ meinte „20 Jahre DVU sind zu viel“. Alle Redner appellierten: „Gehen sie wählen“. Nach der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen wissen 54 Prozent noch nicht, wen sie wählen. Vier Prozent würden aber bei der DVU ihr Kreuz machen.

In der Stadthalle gaben sich die Parteioberen um Bundeschef Gerhard Frey siegessicher. Hemdsärmelig schritt Spitzenkandidat Sigfried Tittmann durch die Reihen. Überwiegend ergraute Herren, kaum junge Frauen, insgesamt mögen rund 300 gekommen sein, um neben DVU-Größen ihren neuen Star Gérard Menuhin zu hören. Sein Buch „Die Antwort“ ist bei der DVU-nahen National Zeitung (NZ) auf Platz 1 der „Spitzenreiter“. Applaus kommt auf, als der Sohn des weltberühmten Dirigenten und Geigers Yehudi Menuhin ans Rednerpult geht. Die vom Alter und Dresscode offensichtlich der NPD und den „Freien Kameradschaften“ Zugehörigen wissen allerdings nicht so recht, ob sie klatschen und gar aufstehen sollen. Die Herkunft stört sie, die durch einen Hintereingang zu der Veranstaltung gelangten. Am Haupteingang schickten Demonstranten manchen DVU-Anhänger weg.

Bei Frey fühlt sich Menuhin wohl. Ihn irritiert wenig, dass die DVU im Wahlflyer verkündet, man müsse sie wählen, damit „nicht die Interessen der USA, Israels und des Großkapitals“ die deutsche Politik bestimmen. Ganz wie in seiner NZ-Kolumne führt er aus: Warum er „vorschlägt“ DVU zu wählen.

Mit „Mulitikulti“ müsse Schluss sein, sein Vater sei völlig falsch verstanden worden und auch die „Legende von der Kollektivschuld“ müsse zu Ende gehen. Nicht Neues verkündete auch Frey, aber sichtlich gedrückt vom Alter und Gewicht. „Bis zum Ende verlief alles ruhig“, gibt ein Polizeisprecher bekannt.