Townhouses bedrohen Erinnerungsort

LICHTENBERG Am einstigen „Arbeitshaus“ Rummelsburg wird der Opfer einer NS-Aktion gedacht. Der Erhalt des Ortes ist gefährdet

VON PETER NOWAK

„Arbeitsscheu Reich“ – so hieß eine Maßnahme, mit der am 13. Juni 1938 in Deutschland tausende als „asozial“ stigmatisierte Menschen in sogenannte Arbeitshäuser und KZs verschleppt wurden. In Berlin führte ihr Weg unter anderem ins „Arbeitshaus“ Rummelsburg. Dort erinnert am Sonntag der „AK Marginalisierte – gestern und heute“ mit einer Gedenkveranstaltung an die Opfer der NS-Aktion.

Die Veranstaltung, auf der unter anderem die Historiker Thomas Irmer und Jens Dobler sowie die Zeitzeugin Ilse Heinrich sprechen werden, hat einen ganz aktuellen Anlass: Es geht um den Erhalt des historischen Gedenkorts. Der „AK Marginalisierte“ hatte am Dienstag den Friedhof des einstigen „Arbeitshauses“ an der Rummelsburger Bucht mit Transparenten markiert, auf denen „Privatisierung stoppen – Ge-denk-mal-schutz“ stand. „Es ist der letzte freie Ort, an dem ein würdiger Erinnerungsort für die Opfer der Stigmatisierung als Asoziale und Arbeitsscheue errichtet werden kann“, so Lothar Eberhardt von der Initiative. Die AktivistInnen fürchten, dass das Areal bald den Besitzer wechselt. Ein Bieterverfahren hat bereits stattgefunden. Im Bezirksamt Lichtenberg wird über eine Änderung des Bebauungsplans diskutiert, in dem das Gelände für Gewerbebetriebe ausgeschrieben ist. InteressentInnen wollen hier „Townhouses“ bauen.

„Es gibt einen Zielkonflikt zwischen einem historischen Gedenken und einer Verwertung des Areals für die Stadtentwicklung“, meint Katrin Framke, Lichtenberger Bezirksstadträtin für Kultur. Die als Parteilose für die Linke in das Amt gewählte Gesellschaftswissenschaftlerin begrüßt die Forderung des AK Marginalisierte nach einem Erinnerungsort für die Insassen des „Arbeitshauses“ ausdrücklich. Der Senat habe es versäumt, potenziellen Investoren klare Auflagen zum historischen Gedenken zu machen, kritisiert sie. Theo Stegmann vom AK Marginalisierte ist sich mit Framke einig, dass die historische Forschung über die Geschichte des Friedhofs vorangetrieben werden muss. Eine Bebauung würde der historischen Forschung den Ort rauben, befürchtet er.

■ Gedenkveranstaltung vor dem ehemaligen Arbeitshaus Rummelsburg, Hauptstraße 8, Lichtenberg, am 5. Juni, Beginn 14 Uhr