Bedrohung der Sicherheitslage
: KOMMENTAR VON CHRISTIAN SEMLER

Sicherheitsbedürftige aller Lager atmet auf, gestern hat die Bundesanwaltschaft im Vorfeld der Proteste gegen den G-8-Gipfel zum Angriff auf die terroristische Gefahr ausgeholt. Dass die Rechtsgrundlage für die 40 Durchsuchungen, der § 129a StGB – Bildung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung – hier überhaupt anwendbar ist, ist stark zu bezweifeln. Ein Effekt ist allerdings erwartungsgemäß eingetreten: die massive Einschüchterung von Leuten, die friedlich, aber mit den Mitteln des zivilen Ungehorsams gegen die Zumutung dieses „Gipfels“ demonstrieren wollen.

In der Mitteilung des Generalbundesanwaltes werden jetzt Brandanschläge diverser Gruppen in den letzten zwei Jahren im Raum Hamburg, Berlin und Brandenburg als Indizien für das Bestehen von terroristischen Vereinigungen genommen. Bislang war man doch wohl der Meinung, diese Anschläge seien nicht als terroristisch qualifizierbar, weil mit ihnen weder der Staat noch eine internationale Organisation geschädigt worden sei. Diese Merkmale gehören seit der „Reform“ des § 129a durch die rot-grüne Bundesregierung zum Tatbestand. Jetzt sieht die Bundesanwaltschaft einen solchen Schaden in den bisherigen Anschlägen und fürchtet weiteren Maximalschaden in Heiligendamm. Bloß für wen?

In der Begründung der Bundesanwälte heißt es, Ziel der Terroristen sei es, „mit Brandanschlägen und anderen gewalttätigen Aktionen den bevorstehenden Weltwirtschaftsgipfel erheblich zu stören oder zu verhindern“. Schwammiger kann man nicht formulieren. Jeder Demonstrant, der sich in Heiligendamm an solchen „erheblichen Störungen“ – und sei es durch friedliche Koexistenz mit den Störern – beteiligt, kann zum Unterstützer der Störung und damit einer kriminellen Vereinigung erklärt werden. Kein Pappenstiel, die Unterstützung gilt laut Gesetz als Verbrechen.

Alles nur das übliche Worst-case-Szenario der Grundrechtsfetischisten? Selbst wenn in der Folge der Durchsuchungen kein einziges Verfahren nach 129 a StGB eröffnet wird, hat sich die Aktion für die Verfolgungsbehörden gelohnt: reiche Information über die Szene und Abschreckung globalisierungskritischer Geister.