off-kino : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Die Geschichte und die Zukunft der Arbeit stehen im Mittelpunkt des von den Freunden der Deutschen Kinemathek initiierten Projektes „Work in Progress“, an dem sich auch einige Berliner Kinos beteiligen. Beim Eiszeit Kino hat man die zwischen 1968 und 1973 entstandene französische Zeichentrickserie „Die Shadoks“ ausgegraben: Was mit seinen hübschen Simpelanimationen und der Erzählstimme aus dem Off zunächst wie ein netter Kinderfilm erscheinen mag, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine Parabel auf die Fallen verschiedener Gesellschaftssysteme und die Absurdität vollkommen sinnloser Arbeit. In jeweils etwa siebenminütigen Folgen wird die Geschichte der außerirdischen Völker Shadok und Gibi erzählt, die beide ihre ziemlich unpraktischen Planeten verlassen und stattdessen die Erde besiedeln möchten. Während den Gibis stets alles gelingt, was sie schnell zu einem ziemlich überheblichen und leicht dekadenten Partyvolk werden lässt, strampeln sich die weniger intelligenten Shadoks bei den Versuchen, ihre diversen Probleme zu lösen, fast immer vergeblich ab. Zumeist gehen sie ihre Aufgaben mit kollektivem Pumpen bis zur Erschöpfung an, doch je mehr sie pumpen, desto mehr passiert gar nichts. Am Ende gelingt beiden Völkern zwar tatsächlich der Sprung auf die Erde – doch das erweist sich auch nicht unbedingt als der Weisheit letzter Schluss.
Dem amerikanischen Regisseur Richard Linklater gelingt er immer wieder: der Spagat zwischen kommerziellen Projekten und der Arbeit an manchmal fast experimentell zu nennenden Independentfilmen. Anlässlich des neuen Films „Fast Food Nation“ zeigt das Central-Kino eine Werkschau: Neben „Waking Life“ (2001) und „A Scanner Darkly“ (2005), zwei zunächst als Realfilm gedrehten und später mit spezieller Software in Animationsfilme verwandelten Projekten, kommen dabei auch Linklaters wohl populärste Filme „Before Sunrise“ (1995) und „Before Sunset“ (2004) zum Einsatz: Die Französin Céline (Julie Delpy) und der Amerikaner Jesse (Ethan Hawke) haben einen Tag in Wien, respektive achtzig Minuten in Paris, um mit Witz, Charme und Dialogen, die wie aus dem Leben gegriffen scheinen, über Leben, Tod, Liebe, Sexualität, Erinnerungen und Hoffnungen zu reflektieren.
Der französische Regisseur Jean Renoir war der Überzeugung, dass Grenzen nicht zwischen verschiedenen Völkern, sondern höchstens zwischen Gesellschaftsschichten existierten. „La Grande Illusion“ (1937) ist eine Illustration dieses Gedankens: Im Ersten Weltkrieg begegnen sich ein deutscher und ein französischer Offizier (Erich von Stroheim und Pierre Fresnay), die trotz der Feindseligkeiten ihrer Nationen stets Respekt und Verständnis füreinander aufbringen, weil sie letztlich ja der gleiche Beruf verbindet. Seine ursprünglich kleine Nebenrolle baute Stroheim mit Renoirs freundlicher Billigung immer weiter aus (die Halskrause, die ihn als abgestürzten Piloten identifiziert, war seine Idee) und machte den Festungskommandanten von Rauffenstein zu einer seiner unverwechselbaren Figuren. LARS PENNING